this post was submitted on 20 Nov 2024
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DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz

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founded 5 months ago
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Letzte Woche hat Google ein kleines Experiment gemacht, um herauszufinden, wie wichtig Nachrichtenseiten den Nutzern eigentlich sind. Bei manchen sorgte das für Entrüstung. Bei mir trat das einige Gedanken los.

Sicher kennen viele hier "Fefe" Leitner. Sein Blog ist Urgestein im deutschsprachigen Internet. Im Jahr 2003, ist er durch ein Urteil des BGH in die deutsche Rechtsgeschichte eingegangen.

Er hatte im Jahr 1997 einen News-Aggregator eingerichtet, Jahre bevor Google sowas anbot. Er wurde bald von Presseverlagen verklagt. Die Verlage wollten verbieten, "Deep Links" zu setzen. Alle Links sollte nur auf ihre Homepage gehen, wo man dann die hauseigene Suchfunktion nutzen sollte (Enshittification nennt man das heute.). Damit bekamen sie sogar erst mal recht. Erst 2003 klärte der BGH, dass Deep Links auch in Deutschland legal sind.

Und seither? Das Gesetz wurde geändert, um den Vorstellungen der Verlage zu entsprechen. Erstmal wurde in Deutschland das "Leistungsschutzrecht für Presseverleger" (aka Link Tax) eingeführt. Als der EUGH das kassierte, wegen fehlender Absprache mit der EU, wurde auf europäischer Ebene das Recht geändert. Jetzt streiten die Verlage mit Google über Lizenzzahlungen.

Tja, sowas erklärt natürlich, warum es hier keine mächtigen Internetfirmen wie in den USA gibt.

Die Urheberrechtsindustrie (bei Fefe "Contentmafia") gewinnt eine Lobbyschlacht nach der anderen. Ich glaube, sie hat die Schlacht um die Hearts and Minds auch eindeutig gewonnen.

Forderungen nach einer Urheberrechtsreform im Sinne der Allgemeinheit höre ich kaum noch. Im Gegenteil, wenn es Streit über Lizenzzahlungen gibt, dann scheint sich das Internet eher reflexhaft mit der Contentindustrie zu solidarisieren (wie beim aktuellen Streit um Google News). Von den Diskussionen um KI-Training muss man gar nicht erst reden. Die Unlogik des Urheberrechts wird auch vom Gesetzgeber auf immer mehr Bereiche ausgedehnt, zuletzt beim Data Act.

Wie seht ihr das? Und wie kann es weitergehen?

all 26 comments
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[–] [email protected] 25 points 4 days ago

Normalerweise bin ich bei der Thematik "Irgendwer gegen Big Tech" immer auf der "Irgendwer"-seite.

Hier sehe ichs aber anders. Verlinkungen zu Artikeln (mit Werbung, Abo-Popups und co.) sind mmn gratis Werbung für die Verlage. Das wissen die auch, ansonsten würden sie mittels der robots.txt komplett das crawlen durch (und somit das auftauchen in) Suchmaschinen deaktivieren. Aber dir europäischen medien sind halt gierig und kommen auch fast immer damit durch: Sie bekommen Gratis Werbung und dürfen sogar dafür Geld verlangen. Der nächste streich wird dann sein, Suchmaschinen die da nicht mitmachen und Nachrichten grundsätzlich nicht anzeigen zu zwingen dies zu tun.

Staatlich sanktionierte Content-Mafia halt.

[–] [email protected] 10 points 4 days ago (1 children)

Tja, sowas erklärt natürlich, warum es hier keine mächtigen Internetfirmen wie in den USA gibt.

Es ist ja nicht nur das Urheberrecht. Das ganze Digitalrecht in Deutschland ist behindernd, zum Kotzen, irritierend, unlogisch, schädlich und zerstört viel Gutes ohne wirklich was zu bringen. Wenn du in Deutschland einen Onlineshop betreiben willst, dann bist du sofort in einer Welt des Wahnsinns. Da wird dir sogar vorgeschrieben, was dein "Kaufen"-Button als Beschriftung haben darf und wehe, wenn der Link zu der europäischen Streitschlichtungsstelle in den AGBs, die keine Sau jemals genutzt hat, nicht anklickbar ist. Dann zahlst du sofort vierstellige Summen an einen Abmahnhai. Da wirst du wirklich kaputtgemacht und gleichzeitig können dann chinesische Händler mit subventionierten Paketen völlig ungehemmt agieren. Umtausch? Kannst ja für 80€ Porto nach China zurückschicken.

Und das zieht sich auch einmal quer durch das Urheberrecht. Da klagen Fotografen wenn ihre Werke auch nur in Berührung mit deinem Business gekommen sind, Verlage wollen Leistungsschutzrechte, Verwertungsgesellschaften Gebühren und was nicht alles. Alles ein unüberwindbarer Knoten, an dem diverse gut vernetzte Leute gut oder schlecht verdienen und die sofort schreien, wenn jemand auch nur vorschlägt das System zu reformieren. Und so zahlen wir für jede Festplatte Urheberrechtsabgaben für Privatkopien von Musik, obwohl das echt keiner mehr macht, alle bei Spotify hocken und natürlich die kleine Indie-Band selbst nie etwas aus dem Topf sehen wird. In den USA spidern dann diverse Schrottfirmen das ganze Internet für ihre KI, aber hier darfst du noch nicht mal ein Miniaturvorschaubild ohne teure Lizenz nutzen.

Mir konnte auch nie jemand vernünftig erklären, warum das Urheberrecht überhaupt bis 70 Jahre nach dem Tod gilt. Früher mag das ja als Versorgung für die Familie noch begrenzt Sinn gemacht haben, aber wir haben halt einen Sozialstaat. Wenn die Nachkommen von John Lennon dann mit dem Erbe von John Lennon auskommen "müssen" und sonst halt arbeiten müssen oder bei Arbeitsunfähigkeit Bürgergeld bekommen, dann ist das auch ok

[–] [email protected] 1 points 3 days ago

Es ist ja nicht nur das Urheberrecht.

Ja, aber ich halte das Urheberrecht für ein besonderes Problem. Bei den anderen Sachen gibt es wenigstens Problembewusstsein und es wird auch ein bisschen was gemacht. Beim Urheberrecht sehe ich alles nur in die falsche Richtung gehen.

[–] [email protected] 9 points 4 days ago

Das Urheberrecht an sich, bzw. den dahinter stehende n Gedanke finde erstmal nicht schlecht.

Aber das total überzogene „70 Jahre nach Tod des Urhebers“, das geht überhaupt nicht.

[–] [email protected] 9 points 4 days ago

Ich bin geprägt durch die Freie-Kultur-Bewegung und habe von vornherein sehr wenig Sympathie mit jenen, deren Geschäftsmodell vom Urheberrecht abhängt. Ich halte Urheberrecht im digitalen Zeitalter für nur mehr wenig zeitgemäß. Durch Computer können wir beliebig Informationen vervielfältigen, die gab es noch nicht, als das Urheberrecht erfunden wurde.

[–] lurch 8 points 4 days ago

Ich denke, dass es den Aggregatoren und Suchmaschinen irgendwann zu lästig wird und die Newsseiten, die keine gemeinnützigen Vereine sind, dann alle verschwinden, weil es den Nutzern zu lästig ist mehrere Paywalls wegzubezahlen.

Ein großer Anbieter für etwas anderes wird dann selbst unentgeltlich Newsartikel verfassen und Reporter anstellen, um mehr Kunden zu sich zu locken.

Es erinnert sich dann später keiner mehr, was es für Newsseiten gab und eine Generation später kann man sich das nichtmal mehr vorstellen, dass man News auch woanders als bei dem einen großen Anbieter für etwas anderes finden kann.

[–] [email protected] 7 points 4 days ago (1 children)

Die Urheberrechtsindustrie (bei Fefe “Contentmafia”) gewinnt eine Lobbyschlacht nach der anderen. Ich glaube, sie hat die Schlacht um die Hearts and Minds auch eindeutig gewonnen.

Forderungen nach einer Urheberrechtsreform im Sinne der Allgemeinheit höre ich kaum noch.

Das hat nichts mit der Urheberrechtsindustrie zu tun, sondern generell mit dieser wunderbaren post-faktischen Zeit. Wer soll denn sowas fordern, wenn Menschen nicht einmal mehr wissen, dass es von Vorteil wäre, weil ihre Realität nur noch aus Narrativen besteht, die ihnen 24/7 ins Hirn geprügelt werden?

[–] [email protected] 1 points 3 days ago

Die Berichterstattung in den Medien hat eine ziemliche Tendenz. Ich würde das nicht als Ausdruck einer post-faktischen Zeit betrachten. Die lobbyistische Selbstbedienung der Industrie fängt schon deutlich früher an. Das ist wahrscheinlich mit ein Grund, dass die hiesige Contentindustrie im letzten Jahrhundert so von den Amerikanern in den Schatten gestellt wurde.

[–] [email protected] 3 points 3 days ago (1 children)

Also erstmal finde ich es super, dass wir hier in letzter Zeit vermehrt Text/Diskussionsbeiträge haben und nicht "nur" Linkeinreichungen.

Diese Verwertungsgesellschaften aka Contentmafia sind mir zuwider - eigentlich das ganze Prinzip von sogenanntem geistigen Eigentum, aber das ist ein anderes Thema.
Big Wasauchimmer checkt einfach nicht, dass sie sich gegenseitig brauchen. Websites verlieren ohne Suchmaschinen massiv an Reichweite und die Suchmaschinen verlieren ohne Websites massiv an Relevanz. Dass die Zersplitterung von Content nicht zur Gewinnmaximierung führt, merkt man spätestens, wenn man sich den aktuellen Stand der Streamingplattformen ansieht. Eigentlich sind wir hier wieder beim Thema "Wie kehrt Deutschland zur alten Wirtschaftsstärke zurück?" von vor ein paar Tagen und verwalten des status quo ist definitiv nicht die Antwort.

[–] [email protected] 1 points 3 days ago

Eigentlich sind wir hier wieder beim Thema “Wie kehrt Deutschland zur alten Wirtschaftsstärke zurück?” von vor ein paar Tagen und verwalten des status quo ist definitiv nicht die Antwort.

Naja. Die Hälfte aller Deutschen ist über 45. In den 1960 war mehr als die Hälfte noch unter 34. Die arbeitende Bevölkerung ist einfach kleiner und weniger leistungsfähig. Da muss man nicht nach dem one weird trick suchen.

Überhaupt finde ich die Frage, wie man dahin zurück kommt, schon problematisch. Die Vergangenheit kommt nie zurück. Die Frage sollte sein, wie man es in Zukunft besser macht. Bei der Geschichte in OP ist das Problem ja gerade, dass man Privilegien für eine Industrie festschreibt, anstatt den Weg zu ebnen für neue und bessere Lösungen.

Wegen der Wirtschaft im Allgemeinen macht mir der Data Act Sorgen. (Nicht nur, aber es ist in OP erwähnt). Der Data Act ist sehr kompliziert und widersprüchlich. Ich weiß nicht, was in der Praxis dabei tatsächlich rauskommt. Es ist vorgesehen, dass nicht-persönliche Daten (zB Sensordaten aus Industriemaschinen) lizenziert werden. Solche Daten können nützlich sein für Forschung und Entwicklung und wer weiß was noch. Jetzt wird ohne Not eingeführt, dass noch mehr Leute so einer Datennutzung zustimmen müssen. Eine wirtschaftliche Logik dahinter kann ich nicht erkennen. Es scheint einfach so eine Urheberrechtsdenke zu sein: Der Schöpfer muss ausbezahlt werden, egal was.

Alter: https://ourworldindata.org/grapher/median-age?country=CHN~JPN~IND~BRA~RUS~GBR~USA~NGA~DEU

[–] [email protected] 3 points 4 days ago (1 children)

Ich sehe das Differenziert. Wenn wie Google snippets angezeigt werden, ist das eine Urheberrechtsverletzung. Da hat jemand ein Werk geschaffen in Form von Titel und Anreißtext. Ob es da eine länge gibt, können wir gerne diskutieren. Den Titel würde ich davon ausschließen.

Wenn jetzt allerdings, wie fefe, auf eine Seite verlinkt wird, als Quelle ohne das Text von der Seite kopiert wird, ist das für mich kein Verstoß.

Legen wir das auf Bücher, hauptsächlich wissenschaftliche Arbeiten um. Du gibst deine Quelle an, natürlich mit Seite und dann sollst du dafür zahlen? Das wäre die korrekte logische Schlussfolgerung daraus. Das ist natürlich Schwachsinn. Oder wenn wir auch den Titel so schützen, reicht es wenn nur der Name der Arbeit abgegeben wird. Da ist ja immerhin der Titel wichtig.

[–] [email protected] 11 points 4 days ago

Ich tu mich schwer damit, den drei Sätzen im Snippet eine Schöpfungshöhe zuzugestehen.

Abgesehen von den oft komplett kopierten Agenturmeldungen sind zahlreiche Artikel auch nur voneinander abgeschrieben, oder beziehen sich auf Berichte in anderen Sprachen. Nicht zuletzt die ganzen "5 Leute auf Twitter haben das dazu gesagt" Texte.

Ich finde es schon ziemlich schräg, dass dafür Urheberrecht genauso gelten soll, wie für Bücher oder Symphonien. Ich würde auch wetten, dass eine Auswertung aller Snippets häufig problematische Ähnlichkeiten zwischen den Verlagen zeigen könnte. So viele Variationen für drei Sätze mit gleicher inhaltlicher Aussage gibt es dann nämlich auch nicht.

[–] bestboyfriendintheworld 2 points 4 days ago

fefe ist zwar ein Depp, hat hier jedoch was richtig gemacht.

Hier wird Regulierungswut und Innovationfeindlichkeit deutlich.

[–] [email protected] 1 points 4 days ago (4 children)

Ich verstehe, dass Contentanbieter nicht wollen, dass ihnen durch das Anzeigen von Snippets oder längerer Auszüge Klicks verlorengehen. Die zahlen ihren Mitarbeitern schließlich Geld, um den Content zu erzeugen.

Mich nerven aber auch die ganzen Paywalls bei den Zeitungen.

Ich hoffe dass es über kurz oder lang eine Art Spotify für Nachrichten gibt, wo ich einfach irgendwo einmal 10€ im Monat einzahle, und dann alle Zeitungen der Welt ohne Paywall vollständig lesen darf.

[–] [email protected] 6 points 4 days ago (1 children)

Ich hoffe dass es über kurz oder lang eine Art Spotify für Nachrichten gibt, wo ich einfach irgendwo einmal 10€ im Monat einzahle, und dann alle Zeitungen der Welt ohne Paywall vollständig lesen darf.

Bei meiner Bibliothek (vielleicht auch andere) kriegt man Zugang zu Pressreader. Ist jetzt nicht alles der Welt und nur dämliche digitale Versionen der Print Ausgabe, aber schonmal ein Anfang.

[–] [email protected] 1 points 4 days ago (1 children)

Kann man da, wenn man einen Artikel über Google findet, den dann auch leicht mit Pressreader entpaywallen? Hat der alle Zeitungen der Welt?

[–] [email protected] 2 points 4 days ago

Beides leider nein

[–] [email protected] 1 points 3 days ago

Das Problem mit solchen Ideen ist immer die Frage nach dem wirtschaftlichen Anreiz. Man will ja, dass sich gute Berichterstattung lohnt. Wenn aber pro Klick bezahlt wird, wie jetzt, dann wird Clickbait produziert. Man könnte auch die Verweildauer messen, aber eigentlich will man ja Artikel, die einen Sachverhalt schnell vermitteln. Schwierig.

[–] bestboyfriendintheworld 2 points 4 days ago (1 children)

Blendle, Readly, Bibliotheksausweis

[–] [email protected] 4 points 4 days ago

Das ist eher alles so Netflix. Hat nen paar gute Sachen, aber viele gute Sachen auch nicht. Bei Spotify gibt's alles was halbwegs groß ist.