this post was submitted on 15 Nov 2023
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Frag Feddit

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Ich hoffe mal ich bin hier richtig. Ich suche Meinungen von Menschen außerhalb meiner Bubble und ihr seit mir als erstes eingefallen.

Kurzer Kontext:

Ich wohne in einem (recht konservativen) Dorf in Sachsen (Region Erzgebirge). Religion ist für viele ein Thema, speziell mein Freundeskreis ist nahezu vollständig in der evangelischen Landeskirche vertreten. Fast alle nehmen das auch sehr ernst, man hilft bei der Kinderbetreuung, bereitet Kurrende (Kinderchor) vor, plant Flohmärkte, etc. Das führt zu einem sehr netten sozialen Miteinander, wobei Religion und Glauben verbindet. Die meisten Familien sind zwischen 30 und 35 Jahren und haben etwa 2-3 Kinder.

Meine Frau und ich sind vor etwa einem Jahr aus der "Stadt" zurückgekommen und fühlen uns wohl hier. Bei den meisten Themen kommen wir auch auf einen grünen Zweig. Ein Thema, das immer wieder hochkocht ist "Gender". Gemeint ist die ganze Bandbreite von Geschlechteridentitäten, Sprache ("Gendern"), am Rande auch sexuelle Präferenzen (Homosexualität, etc.).

Jetzt treffen wir uns einmal in der Woche und quatschen über schwierige Themen. Das oben genannte ist aktuell dran. Da hauptsächlich Meinungen Pro "klassischer" Geschlechtereinteilung, sowie auch viele Ängste/Befürchtungen vor der Genderthematik vorliegen, wollte ich gern mal hier nachfragen, ob ihr ein paar gegensätzliche Meinungen/Argumente bringen könnt. Wir würden die dann mal durchgehen und vielleicht kann ja die eine oder andere Befürchtung oder Vorurteil widerlegt werden.

Konkrete Fragen (die sind sehr polemisch/übertrieben, dies dient nur dem Zweck der Verdeutlichung der Frage)

  1. Warum muss das Thema "Gender" überhaupt gepusht werden? Gibt es keine größeren Probleme?

  2. Warum wird bei der Sprache angefangen und nicht Zeit/Geld in konkretere Maßnahmen gesteckt um mehr Akzeptanz für Menschen außerhalb des klassischen Spektrums im Alltag zu erreichen?

  3. Warum herrscht so ein riesiges Durcheinander (gefühlt entsteht jede Woche eine neue Geschlechteridentität)?

  4. Warum gibt es zig verschiedene "Sprech-/Schreibweisen" für das korrekte Gendern? Warum wird nicht erstmal ein einheitlicher Standard erarbeitet, der dann allgemein verwendet wird?

  5. Was wird getan um (insbesondere Kinder) vor Verwirrung zu schützen? Damit ist gemeint, dass die Gefahr besteht, dass ein Nicht-Festlegen auf eine Identität einen tieferen Selbstfindungsprozess verhindern könnte ("Mach was du willst, du musst nichts entscheiden, du kannst alles noch nachträglich ändern" -> kein festes "Fundament" für Persönlichkeit)

Ich würde mich sehr über Antworten oder auch Referenzen zu Resourcen etc. freuen. Bitte bleibt freundlich.

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[–] [email protected] 3 points 1 year ago

Warum gibt es zig verschiedene “Sprech-/Schreibweisen” für das korrekte Gendern? Warum wird nicht erstmal ein einheitlicher Standard erarbeitet, der dann allgemein verwendet wird?

Das wäre auch mein Wunsch gewesen. Nach längerer Betrachtung muss ich aber zugeben, dass Sprache sich eher nicht top-down standardisieren lässt. Das mag mit der Rechtschreibung – also dem wie einzelne Worte geschrieben werden – noch am ehesten möglich sein. Bei grammatikalischen Fragen und dem Ausdruck aber wohl gar nicht mehr.^1 Damit sind wir auch schon am Kernpunkt des Problems der »Gendersprache«: Weit verbreitet ist aktuell die Ansicht, dass sich das Problem typographisch lösen liesse. Einfach einen mitmein-Stern zwischen generischen Wortstamm und weibliche Nachsilbe und schon sei die Geschlechtergerechtigkeit hergestellt. Das funktioniert aber schon auf Satzeben nicht mehr, weil die Pronomen da nicht mitspielen. »Der/die Krankenpfleger*in hat seine/ihre Kleidung sauber zu halten.« ist nicht wirklich elegant sondern umständlich, nicht literaturtauglich und auch nicht geschlechtergerecht, da klar heteronormativ. Männer und Frauen werden explizit genannt, alle anderen mitgemeint.

Deutlich einfacher wäre das Wort »Krankenpfleger« nur noch zu verwenden, wenn das Geschlecht nicht bekannt oder unwichtig ist und stattdessen für den männlichen Krankenpfleger zu verfahren wie beim weiblichen Pendant: Anhängen einer kennzeichnenden Nachsilbe und zwar der vom Gänserich schon bekannten -erich oder -ich. Also »der (männliche) Krankenpflegerich« und »die (weibliche) Krankenpflegerin«.^2 Dieses Schema ist dann auch erweiterbar auf beliebig viele Geschlechtsidentitäten. Wichtig ist aber vor allem, dass es wieder eine generische Form gibt, die alle meint – das vereinfacht die Kommunikation und wäre auch wirklich gerecht.