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An den Treckerblockaden wurde wieder deutlich, was Fachleute schon seit längerem beunruhigt: Manche Deutsche haben, sozialen Medien sei Dank, den Bezug zur Realität verloren. Die Politik sollte sich hüten, dabei mitzumachen.

[...]

Irgendwann fragte die Dame, ob mir klar sei, dass schon von »Nürnberger Prozessen 2.0« die Rede sei, gegen alle, die die Coronamaßnahmen zu verantworten hätten. Ich fragte zurück, ob ihr klar sei, was die Nürnberger Prozesse gewesen seien, und was der Holocaust. In diesem Moment begann die Dame zu brüllen: »Leute wie Sie sind umgeben von Speichelleckern und Arschlöchern«. An diesem Punkt beendete ich das Gespräch mit dem Hinweis, die Dame möge mich bitte nie wieder anrufen.

[...]

Im Rückblick fand ich an dem Gespräch vor allem eines bemerkenswert: Die Dame schien das mit den bevorstehenden »Nürnberger Prozessen 2.0« wirklich zu glauben. Es gibt hierzulande Leute, die in einer Parallelwelt leben, in der der Umsturz immer kurz bevorsteht.

Das war in den sozialen Medien in der vergangenen Woche auch im Kontext der Traktorproteste zu beobachten. Eine Anita aus Magdeburg veröffentlichte bei TikTok am 8. Januar ein mit einem fassungslosen Kommentar versehenes Video von einem vollen Supermarktparkplatz. Sie könne nicht glauben, dass so viele Leute »wenigstens heute nicht einkaufen gehen«. Die Realität wollte sich offensichtlich nicht der Telegram-Gruppe anpassen.

Eine Userin namens »Liene« sprach ebenso »fassungslos« in die Kamera: »Die Leute gehen einkaufen als wenn’s, ja, keinen interessiert hier!« Sie selbst müsse heute arbeiten, sie sei im öffentlichen Dienst, würde aber nachher noch Überstunden abbauen, »damit ich heute noch nach Magdeburg fahren kann, zur Demo, damit ich dabei bin«. Dabei ging es bei der Demo ja um Agrardiesel, nicht um die Bezüge im öffentlichen Dienst. Und schon gar nicht um den Sturz der Regierung, jedenfalls dem Bauernverband zufolge.

[...]

Die ganze verschwörungsideologische Szene wollte bei den Bauernprotesten mitmachen, ebenso wie rechtsextreme Kanäle wie die der »Freien Sachsen« oder das vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextrem« eingestufte Magazin »Compact«. Viele dieser Akteure haben nicht zuletzt finanzielle Interessen: Es gibt in Deutschland längst eine ganze Reihe von Personen, deren Geschäftsmodell darin besteht, die in der Zeit der Coronamaßnahmen angewachsene Klientel mit Verschwörungscontent bei Laune zu halten – und um Geld anzubetteln oder mit Prepper-Produkten zu versorgen.

[...]

Hubert »daran kann ich mich nicht mehr erinnern« Aiwanger, immerhin Bayerischer Vize-Ministerpräsident und Chef der Freien Wähler, konnte sich in einer Talkshow ebenfalls nicht dazu durchringen, die Blockade am Fähranleger in Schlüttsiel zu verurteilen. Obwohl sie manche Betroffene in Angst versetzte, einen Polizeieinsatz inklusive Pfefferspray erforderlich machte und die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen hat.

Er sei ja »nicht dabei gewesen«, sagte Aiwanger bei Sandra Maischberger, aber die Bauern, die dabei gewesen seien, fänden »es war nicht so«. Man kann sich das Ganze als Video ansehen, inklusive eines Gesprächsangebots von Habeck, aber Aiwanger hat das offenbar nur sehr punktuell getan. Für etwas anderes hatte er aber Zeit: Er habe »den 17-minütigen Bericht des Landwirts, der mit dem Vollbart, ich weiß nicht, wie der heißt« gesehen, der diese Aktion »wohl angeführt« habe. Wo? »Im Internet.«

Mittlerweile scheint nach Recherchen der »Zeit« – sie erschienen lang vor Merz Stellungnahme – klar: Zumindest angestoßen hatten die Aktion in Schlüttsiel wohl Rechtsradikale: »Es geht um eine Frau, die für die AfD bei einer Wahl antrat und offenbar der Verschwörungsideologie der QAnon-Bewegung anhängt.«

Wenn auch gewählte Amtsträgerinnen und Amtsträger wie Aiwanger in die Parallelrealitäten »im Internet« abgleiten, hat dieses Land ein sehr ernsthaftes Problem.

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[–] [email protected] 28 points 7 months ago

Die Diskussion darum war auch deshalb so schwer zu ertragen, weil der Typ seit 400 Jahren privat versichert ist, nie länger als 2 Sekunden auf einen Termin warten musste und sich für den Zustand des Gesundheitssystems nur interessiert, wenn er damit gegen Ausländer hetzen kann.