Wehrhafte Demokratie

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Demokratie ist leider nicht selbstverständlich. Diese Community ist für alle, die bereit sind liberale Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit zu verteidigen und um die im Laufe der Geschichte gefallenen Helden zu würdigen. Schwurbler, Monarchisten, Nazis, Tankies und andere Fans von Autokratischen Systemen oder Personen, die den Begriff „Demokratie“ beschmutzen sind nicht erwünscht.

Lemmy-Zweigstelle von r/WehrhafteDemokratie

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Umfangreiche Ermittlungen der Staatsschutzdienststelle der Polizeiinspektion Braunschweig führten dazu, dass das Amtsgericht Braunschweig einen Strafbefehl gegen einen 34 - jährigen Helmstedter erlassen hat, der im März 2021 vor dem "Antifa-Café" im Eichtal in Braunschweig, ein Feuer gelegt haben sollte.

In den frühen Abendstunden des 09.03.2021 entdeckten Anwohner auf der Rückseite des "Antifa-Cafés" in der Eichtalstraße ein Feuer und wählten den Notruf. Noch vor Eintreffen der Feuerwehr gelang es einem Anwohner, den unter einem offenen und überdachten Fahrradständer abgestellten Fahrradanhänger, mit Wasser zu löschen.

Die eintreffende Berufsfeuerwehr Braunschweig musste keine Löscharbeiten mehr vornehmen. Erste kriminalpolizeiliche Ermittlungen der Polizei Braunschweig am Tatort, legten den Verdacht einer Brandstiftung nahe. Aufgrund der Tatörtlichkeit konnte ein politisch motivierter Hintergrund des Brandanschlags nicht ausgeschlossen werden.

Im Rahmen umfangreicher kriminalpolizeilicher Ermittlungen der örtlichen Staatsschutzdienststelle, u.a. in Form der Auswertung von Massendaten, geriet ein damals 30-jähriger Angehöriger des politisch rechten Spektrums in den Fokus der Ermittlungen.

Im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen konnten bei dem Tatverdächtigen Beweismittel gesichert werden. Im weiteren Verlauf der Auswertung der Beweismittel erhärtete sich der Tatverdacht gegen den zwischenzeitlich wegen anderer Delikte inhaftierten Mann.

Mit Datum vom 24.04.2024 hat das Amtsgericht Braunschweig auf Antrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig einen Strafbefehl gegen den Angeklagten erlassen, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten (ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre) verhängte. Ein Einspruch hiergegen wurde nicht eingelegt, weshalb die Entscheidung am 14.05.2024 rechtskräftig wurde.

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Die Stadt Essen konnte der AfD ihren Parteitag in der Grugahalle nicht verbieten. Linksextremisten rufen nun zu Aktionen auf – und zeigen sich gewaltbereit.

Die Stadt Essen hat ihren Widerstand gegen den AfD-Bundesparteitag aufgegeben, der am 29. Juni in der Grugahalle stattfinden wird. Die linksextremistische Szene aber möchte nicht nachgeben – und ruft im Internet dazu auf, den Parteitag und die Anreise der AfD-Politiker massiv zu stören.

Auf der linksextremen Plattform "Indymedia" sprechen mutmaßliche Berliner Extremisten von der "stärksten und massivsten Antifa-Aktion seit vielen Jahren." Zunächst hatte die "Bild"-Zeitung hierüber berichtet.

In dem Aufruf auf "Indymedia" heißt es: "Wir werden aus Berlin mit vielen Menschen nach Essen fahren und der AfD in einer Weise entgegentreten, die es ihr unmöglich macht, auch nur eine Minute in Ruhe in der Grugahalle zu tagen."

Auch würden sich bereits jetzt "nahezu alle Antifa-Gruppen" auf die Aktion in Essen vorbereiten würden. Dass es dabei friedlich blieben wird, ist mehr als fraglich.

So schreiben die Verfasser des Aufrufs weiter, man wolle den Samstag "bereits frühmorgens mit ein wenig Feuer einleiten, die wir so platzieren, dass der vereinigten AfD-Brut die Anreise zur Grugahalle bereits deutlich erschwert wird."

Sollten die Politiker es dennoch bis zur Grugahalle schaffen, wolle man "zum offensiven Angriff" übergehen. "Bulleneinheiten, die im Weg stehen, werden wir beiseite räumen."

Dabei bauen die Linksextremisten wohl auch auf die Fußball-EM, die noch bis zum 14. Juli in Deutschland stattfindet. Am 29. Juni, dem Tag des Parteitags, wird ein Achtelfinalspiel in Dortmund ausgetragen. "Der gesamte Bullenapparat ist an diesem Samstag bei der Europameisterschaft in Dortmund verplant, was die Bullen auch bereits indirekt einräumen", heißt es so in dem Aufruf weiter. "Es wird der Staatsmacht also nicht möglich sein, uns mit einem großen Aufgebot an Aktionen wirksam zu stören."

Reiner Wendt, der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, nannte die Linksextremisten "Terroristen", sprach von "Hass auf den Staat und seine Polizei und hemmungslose Gewaltbereitschaft".

In Essen aber würden die gewaltbereiten Gruppen auf eine "entschlossene Polizei treffen, die ihren gesetzlichen Auftrag wahrnehmen und diese Angriffe auf unseren Rechtsstaat abwehren" werde.

Die Plattform "Indymedia" wird vom Verfassungsschutz beobachtet und von ihm als "linksextremistisch" eingestuft. "Über die dort veröffentlichten Beiträge und dazu in Beziehung stehende Straf- und Gewalttaten stehen die Sicherheitsbehörden in regelmäßigem Austausch", heißt es hierzu vonseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Wortlaut des Statements:

„Der zweite bundesweite Schwerpunkt autonomer und antifaschistischer Mobi richtet sich in diesem Jahr eindeutig gegen den Bundesparteitag der AfD in Essen. Bereits jetzt stellen wir aus Berliner Sicht mit großer Freude fest, dass sich nahezu alle Antifa-Gruppen und Strukturen an der Mobilisierung für Essen beteiligen. Ohne Übertreibung ist Stand jetzt davon auszugehen, dass Essen die stärkste und massivste Antifa-Aktion seit vielen Jahren ist. Wir werden aus Berlin mit vielen Menschen nach Essen fahren und der AfD in einer Weise entgegentreten, die es ihr unmöglich macht, auch nur eine Minute in Ruhe in der Grugahalle zu tagen. Sitzblockaden sind gute und effektive Methoden, reichen unserer Erfahrung aber nicht aus. Antifa ist und bleibt Handarbeit. Wie in Göttingen, als im Herbst 2005 die NPD dort antreten wollte, oder in Leipzig im Dezember 2015, als Worch kam, wollen wir die Erfahrungen dieser beiden Antifa-Aktionen am 29. Juni auf Essen übertragen. Die Voraussetzungen hierfür sind erfolgversprechend. Der gesamte Bullenapparat ist an diesem Samstag bei der Europameisterschaft in Dortmund verplant, was die Bullen auch bereits indirekt einräumen. Es wird der Staatsmacht also nicht möglich sein, uns mit einem großen Aufgebot an Aktionen wirksam zu stören. Bereits in Köln, als die AfD dort 2017 ihren Bundesparteitag abhielt, waren trotz tausender Bullen einschließlich bereitstehender BFE- und sogar SEK-Antiterror-Einheiten Aktionen möglich. Eine solche Streitmacht werden die Bullen in Essen nicht zusammentrommeln können, bereits jetzt klagen deren Sprecher über das polizeiliche Problem der EM und an allen Ecken zu wenig Cops.“

„Wir wollen den Samstag des 29. Juni bereits frühmorgens mit ein wenig Feuer einleiten, die wir so platzieren, dass der vereinigten AfD-Brut die Anreise zur Gugahalle bereits deutlich erschwert wird. Sollte die Partei es dennoch schaffen, dort zusammenzukommen, gehen wir zum offensiven Angriff über. Bulleneinheiten, die im Weg stehen, werden wir beiseite räumen. Ziel ist es, den Parteitag zu smashen. Nicht mehr und nicht weniger.“

Wirkt auf mich ein bisschen wie Selbstüberschätzung, aber da wird auf jeden Fall gerade ordentlich mobilisiert. Aktuell rechnet man mit ca. 70.000 - 100.000 Gegendemonstranten. Es soll unter anderem Sitzblockaden und Techno-Demos geben.

https://www.t-online.de/region/essen/id_100430600/afd-parteitag-in-essen-techno-gegen-rechts-massenprotest-geplant.html

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2023 wurden deutlich mehr Gewaltvorfälle gegen Sinti und Roma erfasst als im Vorjahr. Viele davon ereignen sich in Bildungseinrichtungen, bei Behörden und im Wohnumfeld.

Für das Jahr 2023 hat die Antiziganismusmeldestelle MIA insgesamt 1.233 Vorfälle und Straftaten gegen Sinti und Roma erfasst. Damit hat sich die Zahl binnen eines Jahres verdoppelt.

Der Meldestelle zufolge bedeutet der Anstieg nicht zwingend, dass Antiziganismus zugenommen hat – er könnte auch Folge einer wachsenden Bekanntheit der Meldestelle sein.

Es sei dennoch weiter von einem großen Dunkelfeld auszugehen. Antiziganismus bezeichnet eine Form des Rassismus, die sich gegen die Minderheit der Sinti und Roma richtet.

Konkret erfasste die Meldestelle zehn Fälle "extremer Gewalt". Hinzu kamen 40 Angriffe, 46 Bedrohungen und 27 Fälle von Sachbeschädigungen.

MIA-Vorstandschef Silas Kropf berichtete, dass eine Grabstätte von Sinti und Roma mit Hakenkreuzen beschmiert worden sei. Im nordrhein-westfälischen Solingen habe es einen Fall von Brandstiftung gegeben.

Zudem habe man registriert, dass antiziganistische Parolen etwa in Fußballstadien und Propaganda rechter Parteien Gewalt gegen Sinti und Roma anstachle.

Zu den Fällen kam es laut Kropf oft "im nahen Umfeld" der Betroffenen. Demnach ereigneten sich 212 Taten in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, 177 im Wohnumfeld und 176 im Umgang mit staatlichen Behörden.

Uff

Besonders bei Ausländerbehörden und Jobcentern sind Sinti und Roma demnach mit ungerechtfertigten Maßnahmen oder antiziganistischen Äußerungen konfrontiert.

Ein Schwerpunkt des jüngsten Berichts liegt auf Antiziganismus in der Polizei. An 83 Vorfällen waren demnach Polizistinnen und Polizisten beteiligt.

Auch das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 34 Fällen im Jahr 2022. Der Bericht zeige, dass dringender Handlungsbedarf bestehe, sagte Kropf.

Er forderte die Innenministerien und die Polizeibehörden auf, "tiefgreifende Maßnahmen" zu treffen, um den Antiziganismus bei der Polizei zu bekämpfen. Es müsse zudem ein bundesweites Netz an Beratungsstellen aufgebaut werden.

Der Zentralrat der Sinti und Roma bezeichnete die Entwicklung als dramatisch. "Das bereitet uns große Sorge vor dem Hintergrund der Geschichte", sagte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose.

Er wies auf die Ermordung von etwa 500.000 Sinti und Roma während des Nationalsozialismus hin und forderte, dass die Politik nun alle ihre Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen müsse. Sie müsse dem Problem mehr Aufmerksamkeit schenken und entsprechend handeln, sagte Rose. "Sie darf nicht schweigen."

In Deutschland leben Schätzungen zufolge bis zu 150.000 deutsche Sinti und Roma sowie etwa 100.000 zugewanderte Roma. Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) wurde 2022 gegründet und unterhält mehrere regionale Meldestellen. Sie wird vom Bundesfamilienministerium gefördert. Auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze können ihr Vorfälle online, per Mail oder Telefon vertraulich gemeldet werden.

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Sowohl linksextreme als auch rechtsextreme Gruppen gewinnen an Anhängern. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor. Aber auch radikale Klimaschützer werden erfasst. Die Gruppe "Ende Gelände" ist nun ein Verdachtsfall.

Der Verfassungsschutz hat die radikale Klimaschutz-Bewegung "Ende Gelände" als linksextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Damit kann der Inlandsgeheimdienst zur Beurteilung der Aktivitäten nun auch nachrichtendienstliche Mittel nutzen, wie etwa Observation oder Informanten.

Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023, der heute veröffentlicht wurde, ist von einer "Verschärfung von Aktionsformen bis hin zur Sabotage" die Rede.

Grundsatzpapiere von "Ende Gelände" lassen nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zudem "deutlich eine Radikalisierung im Hinblick auf die vorherrschenden ideologischen Positionen der Gruppierung erkennen".

Im April hatten rund 100 Klimaaktivisten der Gruppe in Gelsenkirchen das Uniper-Steinkohlekraftwerk Scholven blockiert.

Auch die gegen Israel gerichtete Boykottbewegung BDS wurde als extremistischer Verdachtsfall eingestuft. Die Bewegung weise "Bezüge zum säkularen palästinensischen Extremismus" auf, heißt es.

Was bitte ist ein „säkularer palästinensischer Extremismus“? Bzw. was soll das Ziel dieser „Extremismus-Art“ sein? Ein säkulerer palästinensischer Staat ist ja nichts extremistisches.

Die Definition des Verfassungsschutzes von „Extremismus“ ist:

„Bestrebungen, die den demokratischen Verfassungsstaat und seine fundamentalen Werte, seine Normen und Regeln ablehnen, werden als Extremismus bezeichnet. Extremisten wollen die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen und sie durch eine ihren jeweiligen Vorstellungen entsprechende Ordnung ersetzen.“

https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/extremismus/extremismus-node.html#:~:text=Bestrebungen%2C%20die%20den%20demokratischen%20Verfassungsstaat,ablehnen%2C%20werden%20als%20Extremismus%20bezeichnet.

Wie sieht eine Bewegung aus, die den deutschen Staat und dessen Werte ablehnt, weil sie einen säkuleren palästinensischen Staat wollen? Wollen die den deutschen Staat stützen, um die Waffen der Aufgelösten Armee dann nach Palästina zu schicken oder was?

Demnach "liegen hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" dafür vor, dass BDS unter anderem "gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstößt".

Was?

„Unter Völkerverständigung und Kulturaustausch versteht man eine tief greifende Kommunikation zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Kulturkreisen oder anderen vergleichbaren großen Gruppen auf allen Ebenen.“

BDS ist nicht gegen eine Verständigung von Völkern. Das wäre für eine internationale Bewegung quasi unmöglich. Sie ist gegen Handel und Kooperation mit dem Staat Israel. Das schließt aber eine Verständigung von Israelis mit anderen Kulturen nicht aus.

Die international aktive Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS - deutsch: Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) war 2005 ins Leben gerufen worden. Sie fordert aus Protest gegen die Behandlung der Palästinenser eine wirtschaftliche und politische Isolation Israels.

Propagiert werden ein totaler wirtschaftlicher Boykott, der Abzug von Investitionskapital sowie Sanktionen gegen den Staat Israel.

Und diese Forderung ist nicht extremistisch. Dieselbe Forderung kam auch beim Russland-Ukraine Krieg auf

Insgesamt hat der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr einen Zuwachs sowohl bei Linksextremismus als auch im Rechtsextremismus festgestellt. Dem Bericht zufolge stieg die Zahl derjenigen, die dem linksextremistischen Spektrum zugerechnet werden, um rund 500 Menschen auf rund 37.000 Menschen an.

Das wundert mich nicht wirklich, wenn jetzt auch radikale Klimaaktivisten als linksextrem gezählt werden. Abgesehen davon: Das Personenpotenzial basiert auf keinerlei Fakten, sondern sind Schätzungen des Verfassungsschutzes, die dieser nicht begründen muss.

Rund 11.200 Linksextremisten galten im vergangenen Jahr als gewaltbereit. Das waren 3,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Ähnlich verlief die Entwicklung im rechtsextremistischen Spektrum. Der Verfassungsschutz schätzte hier 14.500 von insgesamt rund 40.600 Rechtsextremisten als gewaltbereit ein - das sind etwa 35 Prozent.

Den Parteien Heimat (vormals NPD) und Die Rechte rechnet der Nachrichtendienst inzwischen weniger Mitglieder zu als noch vor Jahresfrist.

Ich wundere mich, wo die hingegangen sein könnten

Anders sieht es bei der AfD aus, die der Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet. Aus den Reihen der AfD und ihrer Nachwuchsorganisation, Junge Alternative (JA), rechnet das Bundesamt inzwischen 11.300 Mitglieder dem rechtsextremistischen Personenpotenzial zu, wobei Doppelmitgliedschaften in Partei und JA abgezogen sind.

Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 waren rund 10.200 AfD-Mitglieder und JA-Angehörige aufgeführt worden.

Um das extremistische Potenzial innerhalb der AfD einzuschätzen, hatte sich der Verfassungsschutz damals auf die Wahl- und Abstimmungsergebnisse beim Bundesparteitag 2022 in Riesa sowie auf Äußerungen von Parteifunktionären berufen.

Im aktuellen Bericht heißt es: "Es besteht weiterhin eine - wenn auch signifikant abnehmende - Heterogenität innerhalb der Partei, sodass nicht alle Parteimitglieder als Anhänger extremistischer Strömungen betrachtet werden können." Die AfD hat seit 2022 nach eigenen Angaben insgesamt Mitglieder dazugewonnen.

Angesichts von inneren und äußeren Bedrohungen sah Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Demokratie in Deutschland "unter erheblichem Druck". "Wir müssen unsere Demokratie aktiv verteidigen", sagte die SPD-Politikerin bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts.

Wie wäre es, wenn ihr dann auch mal damit anfangt?

"Wir müssen uns inneren Bedrohungen durch Extremismus ebenso entschieden entgegenstellen wie äußeren Bedrohungen, vor allem durch das russische Regime".

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sprach von einem "sehr hohen Niveau von Bedrohungen". Das Risiko dschihadistischer Anschläge sei seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel weiter gestiegen.

Deutschland stehe im Fokus islamistischer Terrorgruppen, aber auch radikalisierte Einzeltäter stellten eine große Gefahr dar. Der Nahostkonflikt habe zudem "wie ein Brandbeschleuniger für den Antisemitismus in Deutschland" gewirkt.

Ich würde eher sagen er hat die Antisemiten aus ihren Löchern gelockt

Laut Verfassungsschutzbericht wurde 2023 ein neuer Höchststand von Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert. Sie stiegen um knapp 4000 auf 39.433. Die Zahl politisch motivierter Straftaten insgesamt erhöhte sich auf 60.028 von 58.916 im Jahr 2022.

Muss ich jetzt ernsthaft nachschauen, wie die Verteilt sind? Toller Journalismus.

Rechtsextremismus: um 22,4% gestiegen (2022: 20.967, 2023: 25.660). Aufgeteilt in 15.081 Propagandadelikte (58,8%), 4,5% Gewaltdelikte (Steigerung um 13%). Brandstiftungen bleiben mit 16 registrierten Vorfällen konstant, fremdenfeindliche Körperverletzung ist um 16,4% gestiegen, Bedrohungen +24,2%, Sachbeschädigungen +31,9%, Volksverhetzung +51,9%, 4 versuchte Tötungen, Straftaten gegen Asylunterkünfte +108,5%, Antisemitische Straftaten +36,5%

Linksextremismus: um 10,4% gestiegen, Gewalttaten +20,8%, 3 versuchte Tötungsdelikte, Gewaltdelikte gegen Rechtsextreme -10,9%, gegen Polizei +65,6%, Körperverletzung +113,7% auf 203, Widerstandsdelikte +19,2 (174), vor allem am „Tag X“ in Leipzig und in Lützerath, Brandstiftung +67,7%, Sachbeschädigung +16,9%

Auslandsbezogen: +45,6%, Antisemitismus +1700%, Volksverhetzung +493,8%, Sachbeschädigung +67%, Körperverletzung +55,3%, Widerstandsdelikte +12%, 1 Tötungsdelikt, 2 versuchte Tötungsdelikte, größtenteils durch den Nahost-Konflikt. Die Straftaten im Zusammenhang mit der PKK stiegen um 9,2%

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb2023-BMI24018.html

Die Bedrohung durch Spionage, Sabotage, Desinformation und Cyberangriffe habe gleichzeitig "eine neue Dimension erreicht", sagte Faeser.

Hauptakteure seien dabei Russland, China und Iran. Laut Bericht haben Propaganda und Desinformation vor allem durch Russland noch einmal deutlich an Intensität gewonnen. Auch Chinas Vorgehen fordere die Cyber- und Spionageabwehr in besonderem Maße.

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Trotz Einschüchterungen von Neonazis ließen es sich die rund 400 Teilnehmer*innen des ersten CSDs in Köthen nicht nehmen, mit guter Laune und Musik zu zeigen, dass queeres Leben auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld existiert.

Am Samstag fand der erste Christopher Street Day (CSD) in der Geschichte der Kreisstadt Köthen statt. Mit dem Motto "Queer – wir waren schon immer hier" versammelten sich rund 400 Menschen, um ein starkes Zeichen für Vielfalt, Akzeptanz und die Rechte der LGBTI- Community zu setzen.

Der Marktplatz war schnell gefüllt, nachdem Helfer*­innen die Bühne aufgebaut hatten und die Pavillons rund um den Platz standen. Vereine und Parteien stellten hier Informationsmaterial zu verschiedenen Belangen der queeren Community zur Verfügung. Das bunte Treiben und die Essens- und Getränkestände sorgten für eine entspannte Atmosphäre, die einem Stadtfest ähnelte.

Um 12 Uhr startete das Bühnenprogramm mit einer politischen Debatte zwischpolitischen Akteur*­innen aus Köthen und Umgebung. Themen wie die gesundheitliche Versorgung von LGBTI, Fachkräftemangel und der gesellschaftliche Rechtsruck wurden eine Stunde lang diskutiert.

Leider stieg den Versammelten auf dem Marktplatz ein Hauch von Queer­feindlichkeit in die Nase. CSD-Initiator Julian Miethig erklärte gegenüber queer.de, mutmaßlich Mitglieder der Neonazi-Partei "Der III. Weg" hätten in der Nacht zuvor Buttersäure auf dem Platz verspritzt, um das Straßenfest zu stören.

Buttersäure ist eine Säure, die bereits in kleinsten Mengen einen intensiven üblen Geruch verströmt, der sich großflächig ausbreitet und lange anhält.

Auf Nachfrage teilte die Polizei mit, entsprechende Ermittlungen seien bereits eingeleitet worden. Mit einem kleinen Regenschauer verflog der unangenehme Geruch allmählich.

Bereits vor dem ersten Treffen der CSD-Organisator*­innen des CSDs wurden laut Miethig queer­feindliche Graffiti am Versammlungsort angebracht. Anschließend habe bei den folgenden Treffen immer mindestens ein Polizeiauto zum Schutz vor der Tür gestanden. "Wenn ich an einem anderen Tag durch Köthen laufen würde, würde ich keine Regenbogenkleidung tragen", so der Organisator.

Auch auf der Strecke erinnerten queer­feindliche Sticker und Plakate daran, wer in Köthen Anspruch auf die Dominanz im öffentlichen Raum erhebt. "Der III. Weg" hatte angekündigt, die "Parade der Perversen und Kranken" in Köthen nicht dulden zu wollen.

Auch Graffiti, unter anderem der Schriftzug "Kill all Gays" und Hakenkreuze, wurden an verschiedenen Stellen der Stadt gesprüht. Während des Aufzuges kam es, neben einzelnen Beleidigungen, zu keinen weiteren Zwischenfällen. Auch hierzu teilte die Polizei später mit, sie habe Ermittlungen eingeleitet.

Trotz dieser einschüchternden Umstände haben es sich die Teilnehmer*innen nicht nehmen lassen, mit guter Laune und Musik zu zeigen, dass queeres Leben auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld existiert. Und schon immer existierte, auch wenn es nicht sichtbar war. Dass dies der erste CSD in Köthen ist, heiße nicht etwa, dass das erst jetzt ein Thema in der Stadt sei, vielmehr habe es fehlenden personellen Kapazitäten gelegen, so Julian Miethig.

Nach der Demonstration folgte ein buntes Bühnenprogramm mit einigen Drag-Künstler*innen und Musiker*innen. Moderiert wurde das Programm von der Dragqueen Marcella Rockefeller und der "Missionarin zu Rostock" Schwester Rosa-La-Ola Grande von und zu Lutschmunda. Beide sind in der queeren Community bekannt und unterstützen vielerorts die CSDs.

"Köthen schreibt heute Geschichte", erklärte Marcella Rockefeller stolz. "Eine Stadt, die bekannt ist wegen der rechtsextremen Familie Ritter. Die Community leitet heute den Wendepunkt in Köthens Geschichte ein, einer Geschichte voller Vielfalt und Diversität."

Die LGBTI-Community sei schon immer da, aber nicht sichtbar gewesen, sagte Rosa-La-Ola Grande. "Ich kenne queere Menschen die hier wohnen, und sich nicht trauen, mit queeren Symbolen das Haus zu verlassen. Das müssen wir ändern!"

Christopher Street Days – wie dieser in Köthen – sind wichtig, um der queeren Community gerade in kleineren Orten eine Möglichkeit zu geben, ihre Erfahrungen zu teilen, voneinander zu lernen und sich zu feiern. Vor allem in ländlichen Regionen, insbesondere im Osten Deutschlands, ist die Situation für LGBTI oftmals belastend.

Der CSD in Köthen soll nur ein Anfang sein, sagte Julian Miethig. In den nächsten Jahren sollen queere Treffpunkte und Beratungsstellen entstehen. Konkrete Pläne habe er noch nicht, aber er will auf jeden Fall weitermachen: "Wir wollen zeigen, dass Köthen und der Osten bunt sind und nicht braun."

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Nach dem Angriff auf zwei Kinder aus Ghana hat es in Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Vorfall gegeben. Laut Polizei wurde nach rassistischem Gesang ein Mann attackiert.

Bei einer Auseinandersetzung wegen rassistischer Parolen auf einer Festwiese im mecklenburg-vorpommerischen Penkun ist ein Mann von mehreren Personen angegriffen worden.

Zeugen zufolge hatten mehrere Gäste zur Melodie von Gigi D'Agostino "Ausländer raus, Deutschland den Deutschen" gerufen, wie die Polizei berichtete. Bei einer anschließenden Auseinandersetzung sollen sechs bis sieben Menschen auf einen 24-jährigen Mann losgegangen sein und ihn im Gesicht verletzt haben.

Die Polizei beschrieb das Aussehen des Angegriffenen als "südländisch" und schloss ein rassistisches Motiv für die Tat nicht aus. Der Staatsschutz hat Ermittlungen wegen Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet.

Der Mann rief gegen 2.45 Uhr die Polizei, konnte jedoch keine weiteren Angaben zum Tatverlauf mehr machen. Nach einer Erstversorgung lehnte er weitere Behandlung ab und ging nach Hause, laut Polizeiangaben war er betrunken.

Später stellte sich heraus, dass seine Verletzungen schwerwiegender waren als gedacht. Er wurde zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Die Polizei hat eine Strafanzeige wegen Körperverletzung eingereicht und untersucht weitere Verstöße.

Bereits am Freitag war es in Mecklenburg-Vorpommern zu einem mutmaßlichen rassistisch motivierten Übergriff gekommen. Eine Gruppe von etwa 20 jungen Leuten griff ein achtjähriges und ein zehnjähriges Mädchen aus Ghana an.

Der Polizei zufolge sollen die Angreifer dem jüngeren Mädchen unter anderem ins Gesicht getreten haben. Als die Eltern der Kinder hinzukamen, soll es nach Polizeiangaben auch mit diesen zu einer Auseinandersetzung gekommen sein. Die Achtjährige und der Vater erlitten leichte Verletzungen.

Am Samstag versammelten sich laut einer Zeugin zudem etwa 20 Personen auf der Schlossbrücke in Schwerin und zeigten den Hitlergruß, wie der NDR berichtet. Eine Frau aus der Gruppe soll Aufnahmen davon gemacht haben. Die Polizei sucht Zeugen.

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Am Rande von Eschede könnten sich am Samstag, 22. Juni, erneut Rechtsextreme zu einer sogenannten Sonnwendfeier treffen. Das Netzwerk Südheide ruft zu Protesten auf, es gibt prominente Unterstützung.

Eschede. Das Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus ruft für Samstag, 22. Juni, zu einer Demonstration gegen eine rechtsextreme „Sonnwendfeier“ in Eschede auf. Dabei wird auch Margot Käßmann erwartet, frühere Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende aus Hannover.

Sie wird genauso zu den Gegendemonstranten sprechen wie die Celler Bundestagsabgeordnete Angela Hohmann (SPD), Eschedes Bürgermeister Heinrich Lange und Matthias Richter-Steinke, DGB-Geschäftsführer Region Nord-Ost-Niedersachsen, teilte Netzwerk-Sprecher Wilfried Manneke mit.

Treffpunkt ist um 13 Uhr am Bahnhof in Eschede. Dort wird es Musik mit Gitarrist und Sänger Tom Kirk sowie der Pianistin Anastasia Novoselova geben. Um 14 Uhr beginnen dann Kundgebung und Demo.

„Bereits seit drei Jahrzehnten finden in Eschede große Neonazi-Treffen statt. Besonders die ‚Sonnwendfeiern‘ und das ‚Erntefest‘ haben eine lange Tradition. Die Neonazis bezeichnen diese Feste als ‚Brauchtumsfeiern‘. Ihr eigentliches Ziel ist es aber, auf diesen Zusammenkünften der norddeutschen Neonazi-Szene Kontakte zu pflegen, Termine abzusprechen und neue Aktionen vorzubereiten“, sagte Manneke. Diese „Brauchtumsfeiern“ seien alles andere als harmlos.

Zuletzt hatten sich im Mai knapp 100 Neonazis zu einer Veranstaltung auf dem Hof der rechtsextremistischen Partei „Die Heimat“ (früher NPD) am Rande von Eschede versammelt. Anlass war die Europawahl am 9. Juni.

Die Demonstrationen gegen die Treffen auf dem früheren Hof von Landwirt Joachim Nahtz am Finkenberg werden von einer politisch breit aufgestellten Allianz getragen. Zu diesem breiten Spektrum gehören Gewerkschafter und Kirchenleute, Angehörige verschiedenster Parteien, Initiativgruppen gegen Rechtsextremismus, „Omas gegen Rechts“ und Leute aus dem „Bunten Haus“ Celle. „Wir repräsentieren auf unseren Demos eine große Spannweite der Gesellschaft. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die überwiegende Mehrheit unserer Gesellschaft rechtsextremes Gedankengut unmissverständlich ablehnt“, so Manneke.

Polizeisprecherin Ulrike Trumtrar sagte, dass die Polizei noch keine Kenntnis habe, wie viele Rechtsextreme an dem Treffen teilnehmen werden. „Wir beobachten die Lage und sind auf alles vorbereitet“, so Trumtrar.

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Am 1. Mai 2020 hatte sich Johannes Bauer coronakonform mit einer Freundin im Park zum Picknick verabredet, erklärt er am Donnerstag vor Gericht. Auf dem Weg zurück nach Hause sei er durch Berlin-Kreuzberg geschlendert und dabei auf eine Handvoll Demonstrierende gestoßen.

Dieses Treiben habe er sich vom Gehweg aus angesehen. Plötzlich habe die Polizei einen Fahrradfahrer geschubst, vor den sich Bauer daraufhin schützend gestellt haben will.

»Noch bevor ich Kontakt mit der Polizei hatte, folge der erste Schlag ins Gesicht«, sagt Bauer aus. Dabei sei er friedfertig gewesen, was von Umstehenden aufgenommene Videos belegen. Darauf ist zu sehen, wie er mit erhobenen Händen rückwärtsgeht.

Trotzdem packt ihn derselbe Polizist und bringt ihn mit zwei gezielten Schlägen ins Gesicht zu Fall. Mehrere Polizisten treten und schlagen anschließend auf den am Boden Liegenden ein und prügeln ihn im wahrsten Sinne des Wortes blau.

Am Mittwoch stand Bauer vor dem Strafgericht – jedoch nicht als Zeuge, sondern als Angeklagter. Ihm wurden Widerstand, Körperverletzung und ein tätlicher Angriff auf Polizeibeamte vorgeworfen.

Zusammen mit zwei zivilrechtlichen Klagen auf Schadenersatz soll er insgesamt 20 000 Euro zahlen. »Ich habe ein Jahreseinkommen von 10- bis 12 000 Euro, und jetzt soll ich zahlen, weil ich verprügelt wurde?«, fragt sich der freiberufliche Tänzer und Student im Gespräch mit dem »nd«.

Mit einer Anklage gegen Opfer von Polizeigewalt schützen sich Beamt*innen gegen eine Strafverfolgung, so ist es aus vielen anderen Fällen bekannt.

Vor Prozessbeginn hatte Bauer deshalb wenig Hoffnung, dass er trotz guter Beweislage freigesprochen wird. »Es gibt viele wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass das Wort von Polizisten vor Gericht mehr zählt als das von Betroffenen von Polizeigewalt.«

Dabei schien es zunächst andersherum zu laufen: Nachdem Johannes Bauer am frühen Morgen aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden war, postete er auf Facebook ein Foto seines blau geschlagenen Gesichtes, das tausendfach geteilt wurde.

Laut Akten, die dem »nd« vorliegen, führte dies bei der Polizei zu Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt. Allerdings sagten sechs Wochen nach der Tat neun Beamte gegen Bauer aus und erweiterten die Vorwürfe, die zunächst von dem polizeilichen Schläger gegen ihn erhoben wurden.

Als Hauptzeuge trat der hager wirkende Polizist Phillip W. auf – dabei ging es um die Bauer vorgeworfene Körperverletzung und einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte: Er habe sich im Einsatz am 1. Mai 2020 den Mittelhandknochen gebrochen, auch nach drei Operationen sei sein kleiner Finger immer noch steif, sagte der Polizist. Die Schläge gegen den am Boden liegenden Bauer gab er zu, behauptete aber, dieser habe sich einer Festnahme widersetzt.

In seiner schriftlichen Aussage hatte W. noch erklärt, der Angeklagte habe in dieser Situation seine Hand gepackt, verdreht und dadurch gebrochen. Vor Gericht revidierte er diese Version und sagte aus, er habe sich den Knochen möglicherweise durch einen Schlag gebrochen. Auch die behandelnden Ärzte hätten vermutet, dass ein Schlag ursächlich für den Bruch sei.

Der zweite Zeuge, ein Kollege von W., konnte sich an nichts erinnern, da er sein Vernehmungsprotokoll vor der Verhandlung nicht noch mal habe lesen können. Der Vorsitzende Richter spielte ihm deshalb eines der Videos noch einmal vor.

»Sie boxen ihm direkt ins Gesicht«, sagte er und stellte fest, vom Angeklagten seien keine Schläge zu sehen. »Das könnte Körperverletzung im Amt sein«, so der Richter in der Vernehmung.

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Am Ende erhält Bauer einen Freispruch, darauf hatte selbst die Staatsanwaltschaft plädiert. Die Polizeimaßnahmen seien nicht begründet gewesen, stellt der Richter fest und erklärt: »Das ist Polizeigewalt.«

Der Angeklagte ist zufrieden mit dem Urteil. »Aber ich bin mir bewusst, dass ich Glück hatte«, erklärt er dem »nd« nach dem Prozess, und fährt fort: »Ich bin weiß, es gab gute Beweisvideos, und meine Familie hatte Geld und Kontakte zu guten Anwälten.«

Die Justiz habe die Polizeigewalt »ausgebügelt«, erklärt Bauers Strafverteidiger Michael Plöse nach der Urteilsverkündung gegenüber »nd«. Auch sein zweiter Verteidiger Michael Lippa ist erfreut, dass dieses Phänomen klar vom Richter benannt wurde, und hegt die Vermutung: »Bei den jüngeren Kollegen im Justizapparat macht sich offenbar langsam auch ein Wandel bemerkbar.«

Ob die Strafverfolgung gegen die verantwortlichen Polizisten wieder aufgenommen wird, ist ungewiss. Johannes Bauer will nun auf Schadenersatz gegen die Täter in Uniform klagen.

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Nach den Erfolgen der AfD und des BSW bei den Kommunalwahlen können die Parteien einige der gewonnenen Sitze in Stadt- oder Gemeinderäten nicht besetzen. Ihnen fehlen dafür schlicht die Kandidierenden. Die Plätze bleiben bis zur nächsten Wahl unbesetzt, die Stimmen fallen weg.

60 Mandate vergibt der Chemnitzer Stadtrat. Normalerweise, denn erstmalig werden in den nächsten Jahren nur 59 Ratssitze besetzt sein, erklärt Matthias Nowak, Pressesprecher der Stadt: "Das liegt daran, dass dem BSW ein Platz mehr zusteht, als sie besetzen können, als sie Kandidaten aufgestellt haben. Das heißt, dieser Platz bleibt dauerhaft leer."

Es darf auch niemand nachbesetzt werden, denn Mandate können nur über die Wahlen vergeben werden, betont Nowak. Auch Plätze die nachträglich frei werden, weil die gewählte Person anderweitig verpflichtet oder länger krank wird, blieben bis zur nächsten Wahl unbesetzt.

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Im gestrigen Finanzausschuss wurde das Objekt “Reil 78” in der Reilstraße an den nutzenden Verein Kubultuburebell verkauft. Es 6 Ja- und 5 Nein-Stimmen.

Gescheitert ist zudem ein Änderungsantrag der CDU. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Raue wollte zudem in der Sitzung noch eine Abstimmung verhindern und dies auf den neuen Stadtrat übertragen. Dafür gab es aber keine Mehrheit.

Das geschah wohl auch mit Blick auf die neuen Mehrheitsverhältnisse, wie Raue im Hauptausschuss deutlich machte. “Die Stadtgesellschaft wünscht sich solche Projekte nicht mehr”, sagte er. Das habe die Stadtratswahl gezeigt, bei der die “linksgrüne Mehrheit“ abgewählt worden sei

Kurz: Die alten Stadträte haben das Projekt noch genehmigt, die AfD hat versucht das ganze hinauszuzögern bis die neuen Stadträte übernehmen und CDU und AfD, die gegen die Genehmigung sind, die Mehrheit haben.

Der Käufer stehe Linksextremisten Nahe, sagte Raue. Das offene Antifaplenum betreibe ein Rekrutierungszentrum. “Linksextremisten schränken den demokratischen Konsens ein”, so Raue, “sie machen den Menschen Angst, greifen das Eigentum und die Gesundheit von Menschen an.”

Es stelle sich die Frage, warum für die Stadt die Ausführungen im Verfassungsschutzbericht keine Rolle gespielt hätten.

Dort wird zwar das Reil78 nicht als eigener Punkt erfasst – aber im Zusammenhang mit dem OAP, das sich dort trifft. “Das OAP lehnt nicht nur den Antiimperialismus und eine – wie es daran anschließend heißt – verkürzte Kapitalismuskritik ab. Vielmehr kritisiert es auch die identitätspolitischen Einflüsse und den damit einhergehenden Partikularismus innerhalb der linksextremistischen Szene. Im Berichtsjahr fand dies ihren Ausdruck in einem Konflikt zwischen dem OAP und queerfeministischen Akteuren, der zu einer nachhaltigen Spaltung innerhalb der linksextremistischen Szene von Halle (Saale) führte”, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

Dezernentin Judith Marquardt, die den Ausschuss für den verreisten Bürgermeister Egbert Geier leitete, sagte eine schriftliche Antwort zu, nachdem man den Verfassungsschutzbericht gelesen habe.

Für Raue ist dies “frech” und “eine billige Ausrede”. Er gehe davon aus, dass der Stadt die Verfassungsschutzberichte bekannt seien.

Die Bürger hätten das Recht darauf zu erfahren, welche Motive die Stadt mit dem Verkauf hegt.

Sie hat buchstäblich gesagt, dass sie ihm die Motive in einem Schreiben zusammenfasst, nachdem sie den Verfassungsschutzbericht gelesen hat.

Die AfD geht bereits seit längerem gegen das Reil 78 vor. Mit einem Antrag wollte die Partei beispielsweise einen Rauswurf erreichen und das Objekt für Wohnungsbau veräußern, dieser Antrag scheiterte aber.

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Ein erstaunliches Mask-off, die Unterdrückung queerer Menschen wird 1:1 aus Russland übernommen. Hatte gedacht, die halten sich noch bis zur Bundestagswahl zurück.

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Das Bremer "Rat- und Tatzentrum für queeres Leben" ist in der Nacht auf Mittwoch mit rechtsradikalen Parolen und Symbolen beschmiert worden.

Unter anderem steht auf der Eingangstür großflächig "NSDAP" und "SS". Die Anlaufstelle für Schwule, Lesben und andere queere Menschen hat nach eigenen Angaben Anzeige erstattet.

„AfD“ stand da auch drauf.

Wie die Polizei auf Nachfrage von buten un binnen mitteilt, ermittelt der Staatsschutz jetzt wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Die Anlaufstelle wurde im August 1982 als "Rat & Tat-Zentrum für Homosexuelle" gegründet. Es sei damals eines der ersten Zentren dieser Art in Deutschland gewesen, heißt es von den Betreibern.

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Die AfD ist in Ostdeutschland derzeit die stärkste politische Kraft, wie die Europawahlen am vergangenen Wochenende gezeigt haben. Die Möglichkeit, dass nach einer der drei anstehenden Landtagswahlen dort die vom Bundesverfassungsschutz als „rechtsextremer Verdachtsfall“ (und in drei Bundesländern als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestufte) Partei ans Regieren kommt, rückt damit ins Blickfeld.

Die GEW Thüringen bereitet in Workshops Lehrkräfte schon mal darauf vor, dass das Bildungsministerium von der AfD übernommen wird. 

Die Gewerkschaft spricht vom „autoritär-populistischen Ernstfall“ im Bildungswesen. Sie fordert Lehrkräfte auf: „Bereite Dich darauf vor, was ab Herbst im System Schule eintreten könnte!“

„Das Superwahljahr 2024 bringt viele Unsicherheiten mit sich – auch für Thüringen: Neue politische Parteien stellen sich zur Wahl, Prognosen weisen einen Zuwachs an Stimmen entlang der politischen Ränder aus und Lehrkräfte sind damit konfrontiert, sich damit auseinanderzusetzen, was eine autoritär-populistische Bildungspolitik für ihren beruflichen Alltag bedeuten könnte“, so heißt es zur Einleitung auf der Seite der GEW des Freistaats. Gemeint ist: was es bedeuten würde, wenn die AfD das Bildungsministerium übernehmen würde.

Das will die GEW nun Lehrkräften vermitteln – und bietet dafür Lehrkräften eigens eine Workshop-Reihe mit dem Titel „Resiliente Schulen zur Landtagswahl“ an. Darin geht es um Ergebnisse des „Thüringen Projekts“.

In dem hatte der Verfassungsblog, ein Fachforum von Verfassungsrechtlern, am Beispiel des Freistaats juristisch und politisch plausible Szenarien für die Machtübernahme einer Landesregierung durch die AfD durchgespielt und, so die GEW, „den legalistischen Spielraum für politische Instrumentalisierungsmöglichkeiten von Schulen geprüft“.

Konkret wird in der Workshop-Reihe gefragt: „Wie etwa können Konzepte wie der ‚Schulfriede‘ oder das ‚Neutralitätsgebot‘ genutzt werden, um die Rechtsunsicherheit in der Lehrerschaft für eigene Zwecke auszunutzen? Welche Lektionen können wir von den bildungspolitischen Entwicklungen aus der europäischen Nachbarschaft lernen?“

Das soll in den Veranstaltungen mit jeweils 25 Teilnehmenden beantwortet werden – um AfD-kritische Lehrkräfte für den Fall zu wappnen, dass sie von einem Bildungsministerium, das von Rechtsextremen geführt wird, gegängelt werden.

Referentinnen des Workshops sind Ilka Maria Hameister, GEW-Mitglied und Wissenschaftlerin am Lehrstuhl Didaktik der Politik der Uni Jena, sowie Marie Müller-Elmau, Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Verfassungsblogs mit Fokus auf Bildung.

„Das Neutralitätsgebot wird von der AfD gezielt fehlinterpretiert“, sagt Hameister gegenüber dem „Spiegel“. Viele Lehrkräfte seien verunsichert. „Wir möchten aufklären und Lehrkräfte ermutigen: Nutzen Sie die Aufgabe, die Schule in einer wehrhaften Demokratie hat. Das ist Ihre Dienstpflicht.“

Der Bildungsbereich, betont Müller-Elmau, sei in Deutschland besonders gefährdet. Erstens, weil die Länder die Kultushoheit hätten. Zweitens, weil sehr viel exekutiv gesteuert werde. Das heißt: „Die Verwaltung hat großen Einfluss auf die Lehrpläne.“

Viele der Vorschriften, die den Schulbetrieb regeln, würden – anders als Gesetze – nicht öffentlich im Parlament ausgehandelt, erklärt Mueller-Elmau. „Das macht es relativ gefährlich.“

So könne ein von der AfD geführtes Kultusministerium theoretisch „weitgehend unterm Radar“ umfangreiche Änderungen durchsetzen, Lehrpläne umschreiben – und so zum Beispiel die schon jetzt nicht sonderlich umfangreiche politische Bildung noch weiter zurückdrängen.

Die Kultusministerien beeinflussen auch, welche Schulbücher in Schulen eingesetzt werden dürfen.

„Schülerinnen und Schüler haben im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung relativ wenig Rechte“, sagt Mueller-Elmau. „Sie können vor Gericht etwa nicht erstreiten, dass ihnen bestimmte Inhalte vermittelt werden.“

Stattdessen könnte die AfD im Unterricht auf AfD-nahe Werte drängen, die traditionelle Rollenverteilung von Mann und Frau etwa.

Eine Pädagogik, die Kinder und Jugendliche für Geschlechterstereotype sensibilisiert, wird von der Partei in ihren Programmen als „Gender-Ideologie“ verteufelt.

Wohin die AfD inhaltlich zielen könnte, hatte der sächsische Landesverband unlängst mit einer von ihr auf Instagram verbreiteten Grafik deutlich gemacht (News4teachers berichtete).

Eine darin positiv dargestellte „tradiotenelle Frau“ (Schreibfehler im Original) habe eine „schlanke Figur durch Sport und gesunde Ernährung“, sie liebe ihre Heimat, sei stolz für ihre Kinder zu leben und unterstütze ihren Mann. Die Erziehung und Bildung der Kinder verstehe sie als ihre „erste Pflicht“.

„Moderne ‚befreite‘ Feministinnen“ hingegen (dargestellt wird eine übergewichtige Frau im kurzen Top und in Hotpants, mit Tattoo und bunten Haaren) trügen „Tonnen von Make-Up wegen ihres geringen Selbstbewusstseins“. Sie seien ungepflegt, hätten „einen schlechten Lebenswandel“, „kaputte Haare von zu viel Färbung“, wechselten häufig ihre Partnerin oder ihren Partner und seien im Alter von 22 Jahren stolz auf ihre dritte Abtreibung.

Die stolzen Krieger der AfD haben den Post inzwischen gelöscht. Wurde aber natürlich archiviert.

https://archive.ph/cRG0C

Felix Hanschmann, Jurist und Professor für Kritik des Rechts an der Bucerius Law School in Hamburg, machte unlängst im Deutschlandfunk Nova deutlich, was es bedeuten würde, wenn das Bildungsministerium in Erfurt der AfD in die Hände fiele.

„Politikunterricht, Geschichtsunterricht, Ethik – das sind alles Bereiche, in denen rechtsextreme Kreise Einfallstore sehen, um Kinder zu indoktrinieren.“

Hanschmann sagt, es würde ihn nicht überraschen, wenn die AfD in Thüringen das Kultusministerium übernehmen würde – selbst wenn sie dort nur als Koalitionspartner in Regierungsverantwortung kommen sollte. Höcke selbst lässt immer wieder sein Interesse an der Bildungspolitik erkennen.

Bereits 2017 hatte der für sein Abgeordnetenmandat freigestellte Geschichtslehrer mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin erklärt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Höcke befand, bis jetzt sei der deutsche Gemütszustand der „eines brutal besiegten Volkes“. Im Wortlaut: „Anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben, …vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt…, und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht.“

Im vergangenen Jahr kündigte Höcke an, das „Ideologieprojekt Inklusion“ beenden zu wollen – dass er also behinderte Kinder wieder wie früher in Sonderschulen schicken lassen will (ungeachtet der in Deutschland gültigen UN-Behindertenrechtskonvention).

Er sprach in diesem Zusammenhang von „Belastungsfaktoren“, die man „vom Bildungssystem wegnehmen müsse“.

Die Gewaltfantasien nehmen zu.

Auch Migrantenkinder, so eine Idee aus mehreren AfD-Landesverbänden, sollten vom Regelunterricht ferngehalten werden.  „Weil immer wenn Sie zwei Flüssigkeiten zusammenschütten, dann erhalten Sie irgendwo eine Mischung“, so begründete das der bayerische AfD-Spitzenkandidat Martin Böhm (News4teachers berichtete auch darüber).

Herr Böhm (AfD) ist also gegen eine „Mischung“ von „Menschenrassen“. Wer hätte das nur erahnen können? Ganz normale Partei.

Der sympathische Mann warnt übrigens auch vor einer „kriegssüchtigen Elite abgehobener Globalisten“. Ich wundere mich, wen er mit „Globalisten“ meinen könnte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_B%C3%B6hm_(Politiker)

https://www.gra.ch/bildung/glossar/globalist/

„Welche Bücher die Schüler*innen dann in Thüringen in Deutsch lesen – ob das Bertolt Brecht ist oder Ernst Jünger – und welche Ausflüge es geben wird – fährt man zum Hermannsdenkmal oder in ein ehemaliges Konzentrationslager – all das sind Entscheidungen, die im Kultusministerium und in den Schulen getroffen werden und nicht im Parlament“, so warnt der Jurist Hanschmann.

„Die Schule ist der Bereich, in dem Regieren auf Mentalität, auf Denken trifft. Und wenn eine rechtsextreme Partei das Kultusministerium hat, dann wird sie versuchen, die Schule im Sinne ihres rechtsextremen Denkens zu verändern.“

Vier Veranstaltungen der Workshop-Reihe sind bereits gelaufen; sie waren allesamt ausgebucht. Eine fünfte steht noch aus. Informationen dazu gibt es hier.

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Eigentlich sollte die Erna-und-Kurt-Kretschmann-Oberschule im brandenburgischen Bad Freienwalde ein Ort der Toleranz sein.

So legt es die Hausordnung fest: Ein „respektvoller und freundlicher Umgangston“ auf dem Schulgelände seien selbstverständlich, ebenso wie das „Verbot verfassungsfeindlicher Symbole und Musik“. Doch für diesen Donnerstagabend steht das infrage.

Die Brandenburger AfD-Fraktion hat in die Oberschule zu einer Wahlkampfveranstaltung eingeladen, zu einem sogenannten „Bürgerdialog“. Durchgesetzt hat das der CDU-Bürgermeister – gegen den Willen der Schulleitung.

Bei der Abendveranstaltung an der Schule mit dabei: der brandenburgische AfD-Abgeordnete Lars Günther, den das Landesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremisten bezeichnet.

Seit 2015 ist er beim Compact Magazin angestellt, wo er als persönliche Assistenz der Geschäftsführung und Redaktionsassistenz arbeitet. Das Compact Magazin wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.

Auf einer Ankündigung zu der Veranstaltung am Donnerstag wirbt die AfD-Fraktion groß mit Günthers Foto und Namen.

Dass an Schulen Podiumsdiskussionen mit Po­li­ti­ke­r:in­nen verschiedener Parteien stattfinden, gehört zum Alltag politischer Bildung. Dass allerdings Schulräume für Veranstaltungen einzelner Parteien vermietet werden – und dann auch noch an ausgewiesene Rechtsextremisten?

Sabrina Werner, die Schulleiterin der Erna-und-Kurt-Kretschmann-Oberschule, hatte versucht, sich gegen die rechtsextreme Veranstaltung an ihrer Schule zu wehren.

Am vergangenen Donnerstag hatte sie deswegen einen Termin beim Bürgermeister. „Leider erfolglos“, sagt Werner der taz und verweist nun an die Stadtverwaltung als Trägerin der Schule. Verantwortlich für die Räume sei letztlich der Bürgermeister.

Bürgermeister ist in Bad Freienwalde seit vielen Jahren Ralf Lehmann (CDU). Und er steht hinter der Entscheidung: Mit Verweis auf den „Siegeszug der AfD“ bei den Europa- und Kommunalwahlen erklärt er der taz, dass ein Ausschluss der Partei von der Nutzung der Räume „an den politischen Realitäten vorbeigehe“.

Würde man der AfD den Raum nicht vermieten, fürchtet er rechtliche Schritte und eine Niederlage vor Gericht. „Ich bin der Meinung: Alle oder keine Partei soll den Raum nutzen dürfen. So viel Demokratie müssen wir aushalten“, sagt Lehmann.

Gegen die aktuelle AfD-Veranstaltung formiert sich derweil Protest. Das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ hätte sie am liebsten ganz verhindert, mobilisiert aber jetzt am Donnerstagabend ab 18.30 Uhr zu einer Kundgebung an der Schule.

Auch Schü­le­r:in­nen wollen sich nach Auskunft des Bündnisses beteiligen. Als Ak­ti­vis­t:in­nen des Bündnisses am Dienstag Protestflyer verteilten, wurden sie allerdings auch von einigen Schü­le­r:in­nen angepöbelt.

In Bad Freienwalde gebe es viel zu wenig Freizeitmöglichkeiten für junge Menschen, kritisiert Bündnis-Sprecherin Esther Gillo. Der „Schülerclub“, ein großer Veranstaltungsraum auf dem Schulgelände, in dem auch die AfD-Veranstaltung stattfinden soll, stehe durch die vielen externen Nutzungen der Schule und den Schü­le­r:in­nen ohnehin häufig tagelang nicht zur Verfügung.

Die Vermietung an den Rechtsextremisten Lars Günther und die AfD diene nicht dem Wohl der Schüler und nicht dem Auftrag der Schule, die Demokratie zu stärken. „Diese Vermietung im schulischen Umfeld ist ein Skandal, sie sabotiert eine zeitgemäße Demokratiebildung“, sagt Gillo.

Auch das landesweite Aktionsbündnis Brandenburg, dem 87 Organisationen von der Arbeiterwohlfahrt bis zu Unternehmensverbänden angehören, unterstützt die Forderungen des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“.

Der landesweite Zusammenschluss warnt vor einer Normalisierung des Rechtsextremismus: „Das gilt insbesondere an so sensiblen Orten wie Schulen. Aber auch städtische Räume dürfen kein Ort für die Verbreitung von Hass und Hetze sein“, sagt Maica Vierkant, die Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses.

Der AfD-Mann Lars Günther organisiere seit Jahren antidemokratische Proteste und bediene sich der dazugehörigen menschenverachtenden und hetzerischen Sprache, erklärt Vierkant.

Günther sei zudem ein treuer Weggefährte des ehemaligen AfD-Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz, der wegen Mitgliedschaft in einer Neonazi-Organisation aus der Partei geflogen war.

Eine Folge aus der Diskussion soll es nun doch noch geben: In der Stadtverordnetenversammlung von Bad Freienwalde soll laut Bürgermeister Lehmann im September darüber abgestimmt werden, ob im „Schülerclub“ weiterhin Parteiveranstaltungen stattfinden dürfen.

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Die Italienerin Ilaria Salis steht wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf Rechtsextremisten in Ungarn vor Gericht. Nach ihrer Wahl ins EU-Parlament will ihr Anwalt ihre Freilassung beantragen.

Die in Ungarn wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf Rechtsextremisten angeklagte Italienerin Ilaria Salis hofft nach ihrer Wahl ins EU-Parlament auf eine baldige Freilassung. Die linke Aktivistin genieße als EU-Abgeordnete künftig Immunität, sagte ihr Anwalt Eugenio Losco am Montag der römischen Tageszeitung „Il Messaggero“.

Justiz ausgedribblet

Sobald Salis' Status als Abgeordnete bestätigt sei, werde er einen Antrag auf Freilassung stellen. Dieser Schritt könne noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen EU-Parlaments am 16. Juli erfolgen.

Salis war als Kandidatin des links-grünen Bündnisses AVS angetreten, das bei der EU-Wahl in Italien 6,7 Prozent der Stimmen holte. Die 39-Jährige sei eine der sechs künftigen EU-Abgeordneten der Allianz, sagte AVS-Chef Nicola Fratoianni. „Jetzt wollen wir, dass Ilaria hier in Italien ist - frei, mit Immunität und bereit, ihr Mandat zu erfüllen“.

Salis war im Februar 2023 in Budapest nach ihrer Teilnahme an einer Protestkundgebung gegen eine Versammlung von Neonazis festgenommen worden. Ihr Fall sorgte in Italien für Schlagzeilen, als sie Anfang des Jahres mit Handschellen und Fußfesseln vor Gericht erschien.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Lehrerin vor, in die ungarische Hauptstadt gereist zu sein, um dort Gewalttaten zu verüben. Zudem wird sie der Mitgliedschaft in einer linksextremen Organisation beschuldigt. Salis saß mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft, inzwischen befindet sie sich im Hausarrest. Im Falle einer Verurteilung drohten ihr bis zu elf Jahre Haft.

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Skandale scheinen dem Erfolg von Rechtsextremen nichts anhaben zu können. Ist jetzt etwa alles erlaubt? Wo bleibt der moralische Kompass? Das fragen sich viele ratlos. Aber darauf gibt es durchaus Antworten.

Enttäuschung, Frustration, Krise – nach der Europawahl herrscht lautstark Katerstimmung in den meisten Parteizentralen.

Der Aufstieg der extremen Rechten ist für viele Politiker ein Paukenschlag.

Aber wie groß mag erst die Erschütterung von Millionen von Wählerinnen und Wähler im Lande sein, die der Demokratie einen guten Dienst erweisen wollten? Wie mögen sie sich fühlen, die mit einer Beteiligung von 64,8 Prozent für den besten Wert seit der Wiedervereinigung gesorgt haben?

Bekannt ist, dass Populisten ihre Anhänger besonders gut mobilisieren können, aber vielleicht haben sich gerade deshalb deutlich mehr Menschen zu den Wahlurnen aufgemacht, um dem etwas entgegenzusetzen.

Wie auch immer – wie in ganz Europa fasst sich auch hierzulande der größere Teil des Wahlvolks an den Kopf: Wie ist es möglich, dass eine vom Verfassungsschutz beobachtete Partei, die sich beispiellose Skandale leistet, dennoch derartige Erfolge einfährt?

Wo ist der moralische Kompass geblieben? Was muss eigentlich passieren, damit es anders kommt? Spielen Inhalte noch eine Rolle?

Inhalte überwinden!

Oder heißt der große Sieger einfach Frechheit? Kurzum: Gibt es überhaupt ein Mittel?

Fast 16 Prozent für die AfD. Selbst intern war von der „Liste des Grauens“ die Rede, welche die Partei für das EU-Parlament aufbiete.

René Aust, ein Ziehsohn und Helfer des rechtsextremen Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke auf Platz drei, auf Platz 18 Gunnar Beck, der sich als Professor vorstellt, aber nach deutschen Recht wohl keiner ist, Siegbert Droese auf Platz 11, der sich auf einem Foto im ehemaligen „Führerhauptquartier Wolfsschanze“ im heutigen Polen ablichten ließ, die rechte Hand auf Höhe des Herzens, die Mütze abgenommen.

Irmhild Boßdorf auf Platz neun, die „millionenfache Remigration“ fordert. Petr Bystron auf Platz zwei, gegen den die Staatsanwaltschaft derzeit wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Geldwäsche ermittelt.

Schließlich Spitzenkandidat Maximilian Krah, dessen Mitarbeiter wegen des Verdachts der Spionage für China festgenommen wurde.

Die Frage, die sich am Tag nach der Wahl stellt, lautet deshalb weniger, wie viel die AfD ohne diese Skandale hätte erreichen können. Die Frage ist vielmehr, warum sie dennoch so gut abgeschnitten hat und ob es überhaupt etwas gibt, was dazu führen könnte, dass diese Partei nicht gewählt wird.

Donald Trump, der frühere und womöglich nächste Präsident der USA, hat schon 2016 auf einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa ein Phänomen auf den Punkt gebracht, das auch in Deutschland bei Populisten seines Schlages immer deutlicher zutage tritt. „Ich könnte mich auf die Fifth Avenue stellen und jemanden erschießen und würde keinen Wähler verlieren, das ist unglaublich.“

Ja, das ist wirklich ungeheuerlich, und zwar deshalb, weil das Undenkbare sich in rasanter Weise der Realität annähert. Aus Nachwahlbefragungen geht hervor, dass 82 Prozent der AfD-Wähler sagen, dass es ihnen egal sei, dass die Partei „in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht“.

Dass dieses große Egal über Engagement zu triumphieren scheint – das ist es, was die Sache für Demokratinnen und Demokraten so bitter macht.

Auch dabei handelt es sich um einen länger bekannten Umstand: Es reicht offenbar, sich darauf zu beschränken, Probleme anzusprechen. Darauf, überzeugende Lösungen zu präsentieren, wird verzichtet. Das wäre auch viel anstrengender. Trumps Republikaner gleichen schon seit Jahren mehr einer Sekte als einer Partei. Davon scheinen viele Anhängerinnen und Anhänger der AfD nicht mehr weit entfernt.

Die Erschütterung, welche der Ausgang der Europawahl hinterlässt, liegt in der Erkenntnis, in welchem Maße inzwischen Tabus gefallen sind, die einmal die politische Kultur in der Bundesrepublik ausgemacht haben.

Schlimmer noch: Rechtsextremismus ist auf dem Weg, Teil der Popkultur zu werden, wie sich häufende Vorfälle belegen, bei denen junge Menschen auf Partys zur Musik von Gigi D’Agostinos „L’Amour toujours“ die unheilvolle Parole „Ausländer raus“ aus voller Kehle singen.

Der Skandal von Sylt hat bundesweit für Bestürzung gesorgt, ein Einzelfall ist er nicht gewesen. Rechtsextremismus spricht heute mehr oder weniger deutlich auch aus Kleidungscodes. Es sind längst nicht mehr Glatzen, Springerstiefel und Bomberjacken, mit denen Gesinnung demonstriert wird.

Wenn jetzt eine Menge Leute in Deutschland denken, das darf doch alles nicht wahr sein, dann haben sie recht. Gut so. Dieses Störgefühl ist wichtig. Es darf nicht verloren gehen, sondern muss noch stärker werden.

Denn es hilft zu erkennen, warum Populismus und vor allem Rechtsextremismus so gefährlich bleibt: Er begegnet einem nicht nur bei Wahlen. Er wird allenthalben im Alltag sichtbar. Er entzweit Freundschaften. Er vergiftet Nachbarschaften. Er spaltet das Land.

Während sich CDU und SPD fragen müssen, wie es kommen konnte, dass so viele Wählerinnen und Wähler bei ihnen schon lange keine politische Meinung mehr finden, wird es in Zukunft in der Zivilgesellschaft umso mehr auf jene ankommen, denen nicht egal ist, wie politische Lösungen für drängende Probleme dieser Zeit auch tatsächlich funktionieren könnten. Und die den großen Vereinfachern entschieden entgegentreten. Es ist wahr und gilt für alle: Engagement bleibt die einzige Waffe gegen das große Egal.

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Die Wahlergebnisse sind da. Die AfD (15,9%) ist die zweitstärkste Kraft nach der CDU (23,7%). Immerhin für blau-blau reicht es nicht. Irgendwie hat die FDP es geschafft sich über die 5%-Hürde zu schleppen. Die Linke stürzt auf 2,7% an. Das BSW schafft 6,2%, hauptsächlich durch Wähler von der SPD und den Linken. Die Grünen verlieren fucking 8,6%.

Die Faschisten feiern die baldige „Absetzung der Altparteien“ und sehen sich auf einem Siegeszug.

Was jetzt?

Wir, als Linke, sind in einer schwierigen Lage. Unsere Gegner, die Faschisten und deren Steigbügelhalter, sind uns finanziell dank Spenden aus Diktaturen und materiell reichen, aber moralisch armen, Parallelgesellschaften sowohl zahlenmäßig, als auch von ihren Mitteln her überlegen. Wir haben keine Macht, wir haben keine Waffen, wir haben nur ein paar Steine.

Die Welt ist ungerecht. Das war sie schon immer, das ist sie heute und das wird sie wahrscheinlich auch morgen sein. Links sein heißt: Immer für die Schwachen, immer für die Abgehängten. Für oben die Faust, für unten die helfende Hand.

Das heißt automatisch auch: Als Linker musst du ohne Rückenwind zehnmal so hart kämpfen, wie ein Rechter. Es braucht zehntausende Märtyrer, Jahre voller Rückschläge und Entbehrungen, um eine Demokratie aufzubauen. Um sie zu zerstören, reicht eine Wahl.

Wir kämpfen einen ungleichen Kampf, gegen den Dreck der uns umgibt. Den verfickten Dreck, den scheinbar keiner außer uns sieht.

Die Zeiten werden schlechter für sozial und/oder finanziell Benachteiligte und diejenigen, die sich für sie einsetzen. Gestern erst wurde ein schwules Paar in Berlin Friedrichshain zusammengeschlagen, weil sie sich in der Öffentlichkeit geküsst haben.

Das hier ist kein Spiel. Es ist ein Kampf. Ein Kampf um Leben oder Tod. Das Recht von Transmenschen und Migranten zu existieren, wird jetzt, in diesem Augenblick vor unseren Augen von Rechten und „Bürgerlichen“ verhandelt.

Über das Recht auf Leben wird aber nicht verhandelt. Um das Recht auf Leben wird gekämpft. Hier gibt es keine Kompromisse. Es gibt nur Menschenrechte oder Barbarei. Keinen Fußbreit den Faschisten, scheißegal, wie laut sie brüllen.

Die Linke in diesem Land ist ein blutender, in die Ecke getriebener Hund. Entweder wir wagen den Gegenangriff, oder wir sterben. Antifa heißt Angriff.

Aber wie sieht dieser Gegenangriff aus? Sollen wir jetzt mit Metallstangen AfDler durch die Innenstadt jagen? Auch, wenn das wahrscheinlich irgendwie befriedigend wäre: Nein.

Angriff heißt, den Faschisten gegenüberzutreten. Entschlossen, penetrant und unnachgiebig. Auf der Straße, in der S-Bahn, in der Kneipe und im Netz.

Was sollte man denn jetzt genau machen?

  1. Organisiert euch. Gibt es bei euch Antifa-Gruppen, Bündnisse gegen Rechts, linke Parteien, Klimaschutzgruppen oder sonst irgendwas linkes? Wenn ja: Rein da! Gemeinsam ist man stärker. Auf wen sollen wir uns verlassen, wenn nicht aufeinander?

  2. Blamiert euch. Schamgefühl ist eine Fessel, die euch ausbremst. Stellt euch irgendwo hin und haltet ne Rede (ohne Bühne oder Mikrofon, das wäre eine illegale Versammlung) oder irgendwie sowas. Wir müssen lernen Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen und diese Aufmerksamkeit zu nutzen.

  3. Lernt rechte Talking Points und wie man sie kontert. Die meisten Rechten sind Mitläufer, die irgendwelche Phrasen und Schlagworte, wie „zu viele Ausländer“, „Deindustriealisierung“, „Ideologie“ oder „Gender-Wahn“ nachplappern. Oft reicht eine einfache Nachfrage, was denn ein „Gender-Wahn“ ist, um sie aus dem Konzept zu bringen. Wenn ihr dann noch wisst, dass das Gender ein soziales Konstrukt ist, fickt ihr sie richtig.

  4. Selbstbewusstsein präsentieren. Fake it till you make it. Tretet selbstbewusst auf, macht euch ruhig auch über dumme rechte Takes lustig. Für braunen Dreck sollte man sich schämen. Das rechte Ideologie vertreten werden kann, ohne das derjenige ausgelacht wird, ist die größte Errungenschaft der neuen Rechten. Stellt sie nicht als Gefahr dar, das funktioniert bei öffentlichen Akteuren, nicht bei Privatpersonen. Lacht sie einfach aus. Wenn euer Witz gut ist, machen andere mit und der Rechte schämt sich. Ruhig auch persönliche Angriffe, ihr müsst euch gegenüber Rechten nicht an Höflichkeitsnormen halten.

  5. Präsenz zeigen. Überall. Ihr hört, dass jemand sich über „die Ausländer“ beschwert? Nachfragen. Wenn Rechte jedes Mal, wenn sie ihre Meinung äußern in eine Diskussion verstrickt werden, werden sie ihre Meinung hinterfragen und/oder sich zumindest 2 mal überlegen, ob sie gerade Bock auf eine Diskussion haben. Bei rechten Demos geht man auf die Gegendemo, um Präsenz zu zeigen und ihnen nicht die Straße zu überlassen. Stellt euch meinetwegen mit Antifa-Flagge oder so neben die Demo. Das baut Schamgefühl und Angst ab.

  6. Dominanz zeigen. Rechte sind im Kern kleine Kinder, die darauf warten, dass ihnen ihr Führer/Mama/Papa sagt, was sie machen sollen. Sie werden euch nur ernst nehmen, wenn ihr ihnen überlegen seid und Dominanz zeigt. Habt ihr mal verglichen, wie Rechte im Internet reagieren, wenn eine schwächere Frau eine Rede hält vs. wenn ein Mann mit Muskeln eine Rede hält? Dominanz könnt ihr entweder durch Körperbau (Muskeln) oder Selbstbewusstsein/Wissen ausstrahlen, wobei bei vielen Rechten der Körperbau effektiver ist. Idealerweise aber beides.

  7. Trainiert. Neben dem „Rechte respektieren nur Stärke“-Effekt ist es immer nützlich mal weglaufen oder kämpfen zu können. Nur für den Fall.

  8. Informiert euch. Was ist legal, was illegal? Darf ich hier eine Rede halten oder muss ich da eine Versammlung anmelden? Was gibt es hier für rechte Gruppen? Geht auch in deren lokale Telegram Kanäle und Co., wenn ihr welche findet. Vielleicht können euch da Antifas oder andere Linke weiterhelfen.

  9. Networking außerhalb von linken Gruppen. Journalisten, Ehrenamtliche, lokale Berühmtheiten: Das sind die Leute, deren Telefonnummer ihr haben wollt. An Journalisten kommt man am besten ran, indem man ihnen Informationen gibt. Vielleicht könnt ihr sie mit Informationen über rechte Aktionen in der Gegend versorgen, wenn ihr die eh schon beobachtet. So habt ihr auch Gleichzeitig ein Sprachrohr in die weitere Öffentlichkeit. Ehrenamtliche lernt man am besten kennen, indem man sich halt da engagiert, wo auch die Person mit der ihr euch anfreunden wollt tätig ist. Wenn ihr gut genetworkt habt, gibt euch das Einfluss und Sicherheit, weil ihr Leute in wichtigen Positionen kennt und z.B. schneller und effektiver für Demos mobilisieren könnt.

  10. Die Polizei ist kein Freund. Die Polizei ist eine Variable, die in Idealfall neutral ist und die ihr wenn ihr z.B. plant eine AfD-Demo zu stören einrechnen müsst.

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Seit Mai 2021 ist das Langmattenwäldchen im Freiburger Dietenbacharreal besetzt.

Am 08.06.2024 kam es gegen 2 Uhr nachts zu einem Angriff durch Nazis. Bewaffnet mit einem Messer und einer Axt versuchten die Nazis, die Aktivist*innen einzuschüchtern und drohten auch mit Mord.

Trotz der nächtlichen Stunde, kamen nach einem Hilferuf über soziale Netzwerke, solidarische Menschen um Support und Schutz zu geben.

RDL war wenige Stunden später vor Ort, und sprach mit einem der Waldbesetzer*innen über den nächtlichen Angriff.

Wer sich weiter über die Besetzung im Langmattenwäldchen informieren möchte, findet hier weitere Informationen.

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Als Robert Sesselmann 100 Tage im Amt war, frohlockten so manche Medien: Der erste Faschist in einem Landratsamt wäre von der Realität „entzaubert“ worden.

Währenddessen rühmte sich der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt damit, in puncto Abschiebungen und Schikane von Geflüchteten radikaler als die AfD zu sein.

Die Thüringer Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt ezra wies hingegen dieses Jahr darauf hin, dass Vorfälle rechter Gewalt im Landkreis Sonneberg auf einem neuen Höchststand angekommen sind und Nazigegner*innen aus Sonneberg betonten, dass NS-Parolen und Reichsflaggen merklich häufiger vorkommen.

Seit Kurzem gibt es ein neues Detail aus der laufenden Normalisierung von Neonazis und deren Ideologie durch den Aufstieg der Thüringer AfD: Robert Sesselmann ist mit Angela Schaller zusammen, einer der bundesweit bekanntesten Neonazi-Aktivistinnen.

Mit ihr verbrachte er kürzlich seinen Pfingsturlaub an der Ostsee. Auch bei einem Wahlkampfauftritt bei der AfD in Mecklenburg-Vorpommern saß Schaller in der ersten Reihe. Der deutschlandweit erste AfD-Landrat lässt sich somit auch öffentlich von einer Hitler-Verehrerin und antisemitischen Netzwerkerin begleiten.

„Robert Sesselmann fühlt sich herrlich“ war am 21. Mai 2024 über einem Facebook-Beitrag von Robert Sesselmann vermerkt. Der Sonneberger AfD-Landrat verkündete darin, seinen Resturlaub von 2023 in Mecklenburg-Vorpommern zu verbringen und mit dortiger Wahlkampfhilfe zu verbinden.

Mehrere Fotos zeigten ihn bei einem Auftritt mit mecklenburgischen AfD-Landtagsabgeordneten in Grevesmühlen am 17. Mai 2024. Begleitung aus Thüringen schien Sesselmann zunächst nicht mitgebracht zu haben.

Der „Nordkurier“ wies bloß darauf hin, dass auch ein Stadtratskandidat der „Heimat“ (ehemals NPD) aus Wismar teilnahm. Erst auf Fotos der örtlichen AfD war in der ersten Reihe ein bekanntes Gesicht zu erkennen, das auch versierte Thüringer Beobachter*innen nicht ohne Weiteres im Landkreis Nordwestmecklenburg erwartet hätten: Angela Schaller aus Lauscha bei Sonneberg.

Am Tag vor dem „fühlt sich herrlich“-Beitrag postete Sesselmann ein Foto vom Ostseestrand mit einem Gruß an seine Gefolgschaft. Nur einen Tag später postete Angela Schaller dasselbe Foto neben vielen weiteren Bildern vom Strand in Jasmund auf Rügen.

Über Angela Schaller wurde in der Vergangenheit bereits viel berichtet. Neben zahlreichen antifaschistischen Recherchen gab sich Schaller vor allem selber Mühe, ihre Führertreue im Netz kundzutun, wenn sie etwa öffentliche Beiträge mit „Sieg Heil“ beendete.

Kurz aufeinanderfolgende Veröffentlichungen der Antifaschistischen Gruppen Südthüringens und von Thüringen Rechtsaußen kosteten Schaller Ende 2016 ihren Job als Pflegehelferin bei der AWO.

In den Recherchen wurde bereits eine Flut von Schallers Bildern mit Hakenkreuzen, historischer NS-Propaganda, Hitler-Verehrung, Judenhass und vielem mehr veröffentlicht. Schaller fand danach eine Stelle als Pflegehelferin in einer Arztpraxis und setzte ihren Neonazi-Aktivismus ungebrochen fort.

Sie war 2017 eine der AnführerInnen der Neonazi-Kampagne „Thügida“ und setzte sich vor allem für die notorische Shoa-Leugnerin und Neonazi-Ikone Ursula Haverbeck ein.

Auf Mission für Haverbeck reiste Schaller durch Deutschland und trat dabei u.a. auch bei der militanten Splitterpartei „Die Rechte“ als Rednerin auf.

Auf dem für Nazi-Inhalte einst sehr offenen russischen Netzwerk Vkontakte betrieb Schaller eine Solidaritätsseite für Haverbeck. Sie traf sich auch persönlich mit der bekannten Judenhasserin, verbreitete ihre Reden im Netz und organisierte Solidaritätsdemos wie 2018 in Nürnberg.

Hier zeigte der bayerische Neonazi Alfred Schäfer während seiner Rede auf Schallers Versammlung den Hitlergruß. Schaller sah darin selbstredend kein Problem, sondern feierte den Auftritt Schäfers später noch im Netz. Kaum überraschend, da sie zuvor bereits selber Videos verbreitete, auf denen sie den Hitlergruß zeigt.

Im selben Zeitraum begann Schaller gemeinsam mit dem ebenso von antisemitischen Verschwörungsmythen besessenen Axel Schlimper aus Haselbach, monatliche Neonazi-Lagerfeuerabende unter dem Titel „Thing-Kreis“ abzuhalten.

Bis zu einem Streit zwischen Schlimper und Schaller trafen sich die Nazis dafür auf jener Wiese in Themar, auf der 2017-2019 große Rechtsrockfestivals stattfanden.

Beim „Thing-Kreis“ traten neben Schlimper auch Frank Rennicke oder der Blood & Honour-Musiker Tobias „Bienenmann“ Winter auf. Nach dem Streit mit Schlimper führte Schaller die Abende u.a. gemeinsam mit Frank Rennicke in Haselbach fort.

Im Juni 2019 kam der ausgesprochen geltungsbedürftigen Angela Schaller eine neue Rolle zu: Bei der Neuauflage des „Schild & Schwert-Festivals“, kurz „SS-Festival“, im ostsächsischen Ostritz trat sie als Pressesprecherin auf.

Hier versuchte sie dauerlächelnd, der von aggressiven Neonazi-Skinheads und -Kampfsportlern dominierten Veranstaltung ein vermeintlich harmloseres weiblich gelesenes Gesicht zu geben.

Dabei saß sie wahlweise vor dem Banner der „Arischen Bruderschaft“ mit den gekreuzten Stabhandgranaten des besonders grausamen SS-Sonderkommandos „Dirlewanger“ oder stellte sich an die Seite des Thüringer Hauptorganisators Thorsten Heise, der ein führender Kopf des rechtsterroristischen Netzwerk „Combat 18“ ist.

Ein weiterer Kamerad von Angela Schaller aus früheren Südthüringer Jahren wurde Ende 2022 als Rechtsterrorist verhaftet: Peter Wörner. Der ehemalige KSK-Soldat und Fallschirmspringer Wörner wurde von der Reichsbürger-Gruppe um Heinrich Reuß als führender Kader des militärischen Arms der Putschisten angeworben.

Er hatte als aktiver Soldat unter dem Anführer der Putschisten-Miliz, Rüdiger von Pescatore, gedient. Bei Durchsuchungen wurden bei Wörner u.a. zahlreiche Waffen, Handgranaten und Feindeslisten mit Namen von Politiker*innen und Journalist*innen gefunden.

Wörner leitete auch militärische Trainings und bereitete den Angriff auf den Bundestag und Bürohäuser der Bundestagsabgeordneten vor. Peter Wörner war früher als Survivaltrainer unter dem Namen „Abenteuer Überleben“ tätig.

Neben vielen klassischen Survivalübungen warb Wörner auch völlig offen für Kursinhalte wie Geiselnahmen. Kontakte Wörners zur Neonaziszene sind seit spätestens 2010 bekannt.

In Angela Schallers Youtube-Kanal findet sich sowohl der Link zu Wörners Homepage als auch ein einziges Video: Ein Gewitter im Jahr 2015, aufgenommen vor Wörners Haus in [Adresse und Ort aus rechtlichen Gründen Zensiert].

Gestern Morgen erhielt Angela Schaller per Mail einen Fragenkatalog zur ihrer Rolle in der Sonnenberger AfD, ihren Neonazi-Aktivitäten und ihrem Ostseeurlaub mit Robert Sesselmann. Nachdem sie eilig ihren Instagram-Account auf „privat“ geschaltet hatte, antwortete sie:

“*Ich bin seit 2019 nicht mehr in der rechten Szene aktiv und auch in keiner Partei mehr. *
Ich distanziere mich von jeglichem NS-Gedankengut, habe auch keinen Kontakt mehr zu den Personen von damals.

Da ich nicht mehr in der Öffentlichkeit stehe, muss ich Ihnen keine Angaben über mein Privatleben machen.
Es gibt das „Recht auf Vergessen“ Paragraph 17 DSGVO.
Sollten Sie versuchen, mich trotz meiner Distanzierung Veröffentlichungen über meine Person vorzunehmen oder über mich berichten, werde ich sofort wegen Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte rechtliche Schritte gegen Sie einleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Angela Schaller

Auf ihre Antwort hin erhielt Schaller mehrere Nachfragen: Wie verträgt sich die Distanzierung „seit 2019“ damit, im selben Jahr Pressesprecherin des größten Neonazi-Festivals gewesen zu sein?

Warum hat sie 2020 noch zum „Thing-Kreis“ mit dem Blood&Honour-Musiker Tobias Winter eingeladen?

Wie kommt es, dass sie noch Mitte 2020 Videos mit Reden von Ursula Haverbeck oder Meinolf Schönborn auf ihren Bitchute-Kanal lud?

Warum veröffentlichte sie noch im Mai 2024 ein Foto mit dem Neonazi Steffen Zedler, den sie zudem „lieben Kamerad“ nannte?

Und was ist mit ihrem Hakenkreut-Tattoo passiert?

gef gef gef

Auf all das antwortete Schaller nicht mehr.

Das Phänomen der plötzlichen „Ausstiege“, wenn öffentliche Kritik oder Verurteilungen drohen, ist altbekannt. Wir haben uns u.a. im Kontext der Recherchen zum Verbleib des Jenaer NSU-Umfelds ausführlich dazu geäußert („Als alle plötzlich ausgestiegen waren„).

Kurz gesagt: Nicht mehr hinzugehen, ist kein Ausstieg. Und bei einer Person wie Schaller, deren antisemitische Hetzvideos und -beiträge bis heute abrufbar sind und die noch im Mai freudige Wiedersehen mit Neonazi-Kameraden auf ihrem damals noch öffentlichen Instagram-Profil postet, braucht man gar nicht erst mit dem Thema „Ausstieg“ anzufangen.

Die Pressestelle des Landratsamtes erhielt zeitgleich mit Schaller einen Fragenkatalog. Mit Antwort von heute früh wurde mitgeteilt, dass Robert Sesselmann aufgrund von Außentermin nicht fristgerecht bis heute Morgen antworten könnte.

Das Problem an Sesselmanns Liaison mit Schaller sind weniger Rotweinabende unter Hitler-Porträts in Schallers Wohnzimmer in der [Adresse und Ort aus rechtlichen Gründen zensiert].

Das offensichtlichste Problem ist die öffentliche Aufwertung, welche die Naziszene durch gemeinsame Auftritte von Sesselmann und Schaller erhält. Beispielhaft für Robert Sesselmanns Beitrag zu dieser Strategie, Neonazis zu normalisieren, ist ein Urlaubsfoto, das er sehr wahrscheinlich selber geschossen hat.

Angela Schallers Instagram-Beiträgen nach zu urteilen waren Schaller und Sesselmann Pfingsten zu zweit an der Seebrücke Boltenhagen.

Eyyyy da war ich auch mal macht mir das jetzt nicht kaputt :(

Von dort veröffentlichte Schaller das Foto mit dem „lieben Kameraden Zetty“, der an der Seebrücke einen Getränkestand betreibt.

Fuck. Ich habe vielleicht was bei einem Fascho gekauft

Bei „Zetty“ handelt es sich um den Neonazi Steffen Zedler, dessen Betreuung des Standes von Mecklenburg-Vorpommern auf der „Grünen Woche“ 2023 für Schlagzeilen sorgte.

Die schwarze Sonne um seinen Hals war dabei noch das kleinste Imageproblem für das Bundesland: Zedler ist wie Schaller in der Unterstützung der Shoa-Leugnerin Haverbeck aktiv, mit dem „Heimat“-Bundesvorsitzenden Udo Voigt gut bekannt, und posierte im Netz mit Shirts mit der Aufschrift „Leibesstandarte Adolf Hitler“, mit „1933“-Pullovern oder Kutten des KuKlux-Klan.

Alleine die ideologische Nähe von AfD und Naziszene hat letztere stark ermutigt. Der Angriff vermummter Neonazis auf das Kulturkollektiv Goetheschule vergangenen Herbst steht dabei nur exemplarisch für die Militanz, zu der sich die rechte Szene von Sesselmann, Höcke und KameradInnen aufgerufen sieht.

Höcke beschäftigt den gut vernetzten Neonazi Martin Schieck für die Medienarbeit der Fraktion, Jürgen Pohl den Neonazi Benedikt Kaiser als Bundestagsmitarbeiter.

Bei einer Tarn-Werbeveranstaltung des faschistischen „Compact“-Magazins für die AfD in Mühlhausen, die im Anschluss an eine offizielle AfD-Wahlkampfveranstaltung am selben Ort begann, war kürzlich der Südthüringer Neonazi-Kader und stellvertretende „Heimat“-Bundesvorstand Sebastian Schmidtke als Ordner eingesetzt.

Die Botschaft dieser Zusammenarbeit ist deutlich: Für die AfD ist die Neonaziszene ein Pool ideologisch zuverlässiger und gut vernetzter MitarbeiterInnen und zukünftiger PartnerInnen.

Deren Gewalt ist dabei ganz im Sinne der Vertreibungs-Ideologie der AfD, die rassifizierte Menschen und politischen Gegner*innen in Zeiten ohne Exekutivmacht zum Rück- und Wegzug drängen soll, bevor die Machtverhältnisse auch aktive Verfolgung zulassen.

Es dürfte kaum verwundern, wenn Angela Schaller ihre weitreichenden Netzwerke zugunsten von Sesselmanns Landratsamt nutzen wird. In Zeiten wachsender Polarisierung ist auch ein Landrat Sesselmann auf MitarbeiterInnen oder AuftragnehmerInnen angewiesen, die ideologisch gefestigt und unverdächtig sind, Interna an die Öffentlichkeit oder parteiinterne Konkurrenz weiterzugeben.

Angela Schaller hätte hier ein ganzes Netzwerk an loyalen Rechten parat. Hinzukommt die Bedrohung, dass von Landrat Sesselmann sensible Informationen über Angela Schaller an die militante Naziszene abfließen, die in der Folge Geflüchtete und weitere politische Gegner*innen der Nazis in Gefahr bringen.

An Zuträger*innen und Whistleblower*innen aus dem Landkreis Sonneberg und anderswo: Wir nehmen immer gerne weitere Hinweise zu Robert Sesselmann, Angela Schaller und weiteren Personen aus deren Umfeld entgegen. Vertraulichkeit steht dabei an erster Stelle. Schreiben Sie uns gern eine Mail an: recherche-jena-shk(a)riseup.net

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Ein Treffen der AfD in Henstedt-Ulzburg ist am Donnerstagabend gestört worden. Erst mit Verspätung konnten die Rechtspopulisten ihre Abschlussveranstaltung zur Europawahl beginnen. Der Grund? Die Antifa.

Mit „Nazis raus aus den Köpfen“ oder „Ihr könnt nach Hause gehen“ und ohrenbetäubendem Lärm aus Trillerpfeifen, Trommeln und Musikgeräten sind Mitglieder und Sympathisanten der AfD begrüßt worden.

Sie wollten am Donnerstagabend zur Europawahl-Abschlussveranstaltung der Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein ins Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus.

Aufgerufen zu dieser Demonstration hatte das Bündnis für Demokratie und Vielfalt. „Wir wollen den Menschen, die das Treffen besuchen, klarmachen, nicht die AfD zu wählen“, sagte Bündnissprecherin Britta de Camp-Zang.

Die Demonstranten wurden vom Eingang des Bürgerhauses in Henstedt-Ulzburg durch einen fest verankerten Zaun getrennt, um ein Umwerfen zu verhindern, wie es bei Demonstrationen zuvor geschehen war. Zudem war ein starkes Polizeiaufgebot in Henstedt-Ulzburg im Einsatz.

Die Polizei musste rund 15 Minuten vor Beginn der Parteiveranstaltung eingreifen. Gut 30 Antifa-Mitglieder, die zum Teil vermummt waren und große Transparente dabei hatten, blockierten die Zufahrt zum Bürgerhaus von der Jahnstraße aus, sodass es kein Durchkommen mehr gab.

Polizisten schleusten die Besucher des AfD-Treffens in Henstedt-Ulzburg, die sich Schmäh-Kommentare anhören mussten, an den Demonstranten vorbei.

Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Julian Flak aus Kaltenkirchen bemängelte, dass den Besuchern der Veranstaltung der Zutritt erschwert wurde. „Das ist nicht meine Vorstellung, wie so etwas gelöst werden sollte.“

Einsatzleiter Yannick Krieg sagte, dass die Polizei jedem Besucher den Zutritt zum Gelände ermöglichen werde. Dafür war auch ein großes Polizeiaufgebot in Henstedt-Ulzburg im Einsatz und in Bereitschaft, um sofort eingreifen zu können.

Im großen Saal des Bürgerhauses war von dem lautstarken Protest vor der Tür nichts zu hören. Rund 120 Besucher waren dort zur Abschlussveranstaltung zusammengekommen, auf der unter anderem auch der Hamburger AfD-Vorsitzende Dirk Nockemann sprach. Während Flak mit dem Besuch zufrieden war, sprach Britta de Camp-Zang von einem Armutszeichen für die Rechtspopulisten.

Das Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus ist in der Vergangenheit wiederholt Schauplatz von AfD-Veranstaltungen gewesen, die stets von lautstarken Protesten begleitet wurden.

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Wie stark ist die extreme Rechte in Bulgarien? Hat sie parlamentarische Unterstützung?**

In den vergangenen Jahren gab es nach einem zunächst kurzen Rückgang einen rapiden Aufstieg des rechten Flügels. Sie nutzen sogar minderjährige Jungen, die in verschiedenen faschistischen Kampfclubs ausgebildet werden und danach zu Hauptorganisatoren der extremen Rechten werden. Junger Widerstand, Jugendliche für Bulgarien und andere.

Am 9. Juni wird in Bulgarien wieder gewählt: Was ist eure Sicht auf die Wahlen?

Sie werden nichts ändern. In den vergangenen Jahren haben immer wieder die gleichen Parteien gewonnen (die beiden größten sind demokratisch und prowestlich orientiert, es sind GERB und PPDB).

Vazrazhdane (Wiedergeburt, nationalistisch, populistisch und prorussisch) liegt auf Platz vier oder fünf. Diese Parteien schaffen es nicht, eine Koalition zu bilden, sodass es in Bulgarien keine mandatierte Regierung gibt. Wir glauben, dass die Ergebnisse dieses Mal gleich sein werden.

Was sind die zentralen politischen Fragen in Bulgarien?

In Bulgarien gibt es viele politische Probleme. Seit vielen Jahren findet ein »Wandel« hin zu einer westlichen Art von »Demokratie« und Kapitalismus statt.

Dieser Wandel geschieht auf sehr korrupte Weise – er bringt große Armut in der Bevölkerung sowie Nationalismus, Rassismus und Hass auf Minderheiten und Migranten hervor.

Derzeit ist die Regierung nicht stabil und deshalb wird es Neuwahlen geben – schon das fünfte Mal innerhalb der vergangenen drei Jahre. Das Hauptziel der rechtsliberalen Regierung ist der Beitritt zum Schengenraum und zur Eurozone.

Dem widersetzen sich die populistischen prorussischen Nationalisten, aber nicht sehr stark. Und darüberhinaus gibt es zum Beispiel keine wahrnehmbare linke Kritik an der Einführung des Euro.

Bulgarien setzt zudem eine sehr rassistische Politik gegen Migranten durch – es gibt ständig Gewalt an der Grenze zur Türkei mit Hunderten von Pushbacks und vielen Abschiebungen, manchmal illegal, in die Türkei. Nicht zuletzt aufgrund der engen Beziehungen zu Erdoğan. Bei der Einreise in den Schengenraum wird diese grausame Politik gegen die betroffenen Migranten noch verstärkt.

Vor einigen Wochen kam es zu einer antifaschistischen Demonstration in Sofia aufgrund eines Nazi-Angriffs auf einen Afghanen. Was ist dort passiert?

Es gab eine Schlägerei zwischen Jugendlichen auf der Boulevard Vitoshka, einer der Hauptstraßen in Sofia. Zwei von ihnen waren keine Bulgaren.

Obwohl sich die Jugendlichen untereinander kannten, veröffentlichte einer der Anführer der faschistischen Partei (IMRO, Bulgarische nationale Bewegung) ein Video, in dem er erklärte, dass die beteiligten Migranten Bulgaren angegriffen hätten und sehr gefährlich seien.

Dies löste eine große Welle von rassistischen Protesten aus, die hauptsächlich von Fußballhooligans und Neonazis besucht wurden. Parteien wie GERB und IMRO, die den Wiedereinzug ins Parlament anstreben, starteten eine große Kampagne gegen Migranten.

In den folgenden Wochen kam es zu zahlreichen Angriffen auf Migranten, Roma und neuerdings auch auf LGBT-Personen. Mindestens einer der Angriffe wurde gefilmt und in verschiedenen faschistischen Telegramkanälen geteilt.

Im Kontext dieser rassistischen Mobilisierungen wurden ein Afghane und seine bulgarische Frau vor ihrem Haus angegriffen. Sie wurden zusammengeschlagen und einer seiner Finger wurde gebrochen. Sie mussten ihre Wohnung verkaufen, weil sie bedroht wurden.

Wie ist die Antifa-Szene in Bulgarien, insbesondere in Sofia aufgestellt?

Die Antifa-Szene ist in Bulgarien leider sehr klein und hauptsächlich in Sofia verortet. Das Hauptereignis, das die Menschen zusammenbrachte, war der Kampf gegen die Neonazi-Gedenkveranstaltung Lukovmarsh.

Viele Jahre lang war der Gegenprotest die wichtigste von Antifaschisten organisierte Veranstaltung. Mit den Jahren haben wir es geschafft, den Leuten zu zeigen, dass es sich um einen Neonazi-Sumpf handelt. Wir konnten beobachten, wie der Marsch in den vergangenen Jahren kleiner wurde, bis er letztlich sogar eingeschränkt und teilweise verboten wurde.

Gibt es große Nazi-Events abseits des mittlerweile auch in Deutschland bekannten »Tages der Ehre« im Februar?

Die größte Neonazi-Veranstaltung in Bulgarien ist der Lukovmarsh, der seit mehr als 20 Jahren die Straßen von Sofia mit Neonazis überschwemmt. Es ist ein großes faschistisches Treffen, das Neonazis aus ganz Europa zusammenbringt. Wie bereits erwähnt, ist es in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden, aber dank der Institutionen findet es immer noch statt. Es ist das wichtigste faschistische Treffen in Bulgarien.

Wie kann man euch unterstützen?

Die Leute können uns mit Öffentlichkeitsarbeit über das, was hier passiert, unterstützen. Über eine Teilnahme an unseren Protesten und antifaschistischen Demonstrationen freuen wir uns sehr! Außerdem ist uns wichtig, dass über den Fall von Abdulrahman al-Halidi berichtet wird – ein Menschenrechtsaktivist, dem eine Abschiebung aus Bulgarien droht.

https://en.wikipedia.org/wiki/Abdulrahman_al-Khalidi

https://www.hrw.org/news/2024/04/04/bulgaria-alleged-beating-detained-saudi-activist

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Erst Pöbeleien, dann Schläge mit der Glasflasche: Am Wochenende kommt es zu einer brutalen Attacke vor einem Köpenicker Spätkauf. Zeugen vermuten die Täter im organisierten Neonazi-Spektrum.

Es sollte ein gemütlicher Ausklang des Freitagabends vor einem Köpenicker Spätkauf werden, der für Moritz Becker* *schließlich in der Notaufnahme des Krankenhauses endete.

Becker, der eigentlich anders heißt, kommt mit mehreren Freunden von einem Konzert, als sie sich im Außenbereich eines Kiosks in der Bahnhofstraße niederlassen. Gegen 23.50 Uhr am vergangenen Freitag, kurz vor Mitternacht, läuft eine vierköpfige Gruppe am Späti vorbei, erzählt der Berliner dem Tagesspiegel.

Aus der Gruppe heraus werden Becker und seine Freunde angepöbelt. „Scheiß Zecken mit langen Haaren“, soll einer der Angreifer gerufen haben, es folgt ein „Verpisst euch aus Köpenick!“.

Die Freunde vor dem Späti gehen nicht darauf ein: „Wir haben das ignoriert“, sagt Becker. Doch dann eskaliert die Situation innerhalb von Sekunden.

Als die Pöbler eine entgegenkommende Frau mit erkennbarem Migrationshintergrund auf dem Bürgersteig absichtlich anrempeln, habe er interveniert. „Ich habe denen zugerufen, was das soll“, erzählt Becker.

Dann geht alles ganz schnell. Zwei junge Männer aus der Gruppe, Becker schätzt sie Anfang 20, drehen sich um und laufen zurück zum Spätkauf. „Ich lasse mir von euch scheiß linken Zecken nicht meinen Kiez wegnehmen“, soll einer der Männer gebrüllt haben, bevor er Moritz Becker ins Gesicht spuckt.

Dann beginnen sie, auf ihn einzuschlagen. Seine Freunde sollen noch versucht haben, sich zwischen die Angreifer und ihn zu stellen, doch einer der Täter holt immer wieder aus und schlägt mit einer Glasflasche auf Beckers Kopf ein.

„Selbst als ich am Boden lag, hörten sie nicht auf, prügelten mit ihren Fäusten und der Flasche auf mich ein“, berichtet der Berliner. Becker beschreibt die Täter als „extrem enthemmt“, der Angriff sei „brutal“ gewesen.

Das zeigt sich auch daran, dass nach Beckers Schilderungen sofort mehrere Umstehende versuchen einzugreifen, die auch sofort von den beiden Tätern angegriffen werden.

Insgesamt seien mindestens fünf Menschen verletzt worden, darunter auch die Betreiber des Spätkaufs, die sofort auf die Straße eilten.

Becker selbst trägt Kopfverletzungen davon, noch in der Nacht müssen sie genäht werden. Am Montag wird von einem Arzt eine Gehirnerschütterung festgestellt. Eine Freundin von ihm wird am Knie verletzt, ein anderer Freund blutet direkt nach dem Angriff aus dem Ohr.

Die Gewalt-Attacke vor dem Köpenicker Späti endet schließlich, als zufällig eine Zivilstreife der Polizei am Geschehen vorbeifährt. Die Beamten halten an und überwältigen die Täter nach Schilderung von Zeugen mit Pfefferspray, um sie dann festzunehmen.

Sowohl Becker als auch seine Freunde sind sich sicher, dass die Täter der organisierten Neonazi-Szene entstammen, die insbesondere in Treptow-Köpenick eine lange Historie hat.

Die Berliner Polizei teilte auf Tagesspiegel-Anfrage mit, dass mittlerweile der Staatsschutz die Ermittlungen in dem Fall von der örtlichen Direktion in Köpenick übernommen hat. Weitere Details will die Behörde am Mittwoch mitteilen.

Die beim Staatsschutz angesiedelten Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung sind jedoch ein Zeichen dafür, dass die vermutete politische Dimension der Betroffenen bestätigt wird.

Nicht weit vom Ort des Angriffs entfernt liegt die Parteizentrale der rechtsextremen „Heimat“ (ehemals NPD). Insbesondere der Treptow-Köpenicker Stadtteil Schöneweide galt unter anderem wegen mehrerer Szene-Immobilen jahrelang als berlinweiter Neonazi-Hotspot.

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In der überwiegend kurdisch besiedelten Stadt Hakkari ist am Montag der prokurdische Bürgermeister Mehmet Sıddık Akış (DEM) festgenommen und seines Amtes enthoben worden.

Das Innenministerium verfügte, dass der Gouverneur der Region, Ali Çelik, als Zwangsverwalter eingesetzt wird.

Damit ist Akış der erste der am 31. März gewählten Bürgermeister, der von der Regierung Erdoğan durch einen Zwangsverwalter ersetzt wird.

Schon nach den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2019 waren reihenweise gewählte BürgermeisterInnen der prokurdischen HDP – die heute unter dem Namen DEM agiert – abgesetzt und festgenommen worden.

Dieser Prozess geht jetzt offenbar weiter. Als unmittelbar nach den vergangenen Wahlen dem ebenfalls prokurdischen Bürgermeister der Stadt Van die Amtseinführung verwehrt werden sollte, hatten noch heftige Proteste dazu geführt, dass die Regierung zurückruderte. Das ist jetzt offenbar nicht mehr der Fall.

Zwar beklagte die DEM die Absetzung ihres Mitglieds als rechtswidrig und undemokratisch, der große gesellschaftliche Aufschrei blieb jedoch aus. Wie immer in diesen Fällen wird auch Mehmet Sıddık Akış eine Zusammenarbeit mit der verbotenen „Terrororganisation“ PKK vorgeworfen. Belege dafür legte das Innenministerium nicht vor.

Mehmet Sıddık Akış wurde mit über 60 Prozent der abgegebenen Stimmen in Hakkari gewählt.

Die Stadt liegt im Südosten des Landes im Länderdreieck Türkei- Iran-Irak, ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der kurdischen Nationalisten und wurde immer wieder durch Kämpfe der Armee gegen die PKK in Mitleidenschaft gezogen.

Vor den Kommunalwahlen war innerhalb der DEM kurz darüber diskutiert worden, ob es überhaupt Sinn ergebe, sich an diesen zu beteiligen, weil schon befürchtet wurde, dass DEM-BürgermeisterInnen erneut durch Zwangsverwalter ersetzt werden könnten.

Die Mehrheit innerhalb der DEM entschied sich dann aber doch für eine Teilnahme an den Wahlen und beschloss, ihre Kräfte vor allem auf die kurdisch bewohnten Gebiete zu konzentrieren.

Tatsächlich konnte sie bei den Wahlen zeigen, dass sie in allen Städten und Gemeinden, in denen zuvor kurdische BürgermeisterInnen abgesetzt worden waren, immer noch die Mehrheit repräsentiert.

Erdoğans AKP greift nun dennoch wieder zu dem Mittel, mit dem sie bereits einmal gescheitert ist. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der DEM, Gülüstan Kılıç Koçyiğit prangerte die Absetzung ihres Parteikollegen als „Angriff auf die Wahlfreiheit und Putsch gegen das Wahlrecht an“.

Die AKP hatte bei den landesweiten Kommunalwahlen am 31. März eine historische Niederlage erlitten. In den kurdisch bewohnten Gebieten gewann überwiegend die DEM, im Rest des Landes gelang es der oppositionellen CHP, außer im erzkonservative Konya, alle Großstädte des Landes zu gewinnen.

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